Strahlkraft

Lebendiges Gedankengut von Pfarrer Elmar Gruber e.V.

ELMAR GRUBERS PREDIGTEN

, eingestellt von Redaktion (Kategorie: PREDIGTEN DURCH DAS KIRCHENJAHR)

VORWORT

IDEAL IN DEN ZEITEN DES UKRAINE-KRIEGS, DES KLIMAWANDELS  – DIESE WORTE GEBEN KRAFT UND HOFFNUNG!

VERKÜNDIGUNG VON GOTTES WORT DURCH DIE PREDIGTEN DES HOFFNUNG GEBENDEN PFARRERS ELMAR GRUBER

Predigten zu den Sonn- und Feiertagen nach Lesejahren A / B / C  – seit dem 1. Advent 2024 (01. Dezember 2024) ist Lesejahr C.

Immer die aktuelle Predigt!

Inspiration für alle Seelsorgerinnen und Seelsorger bei der Erstellung ihrer Predigten und alle Gläubigen und Interessenten!

Auch als Predigt-Vorlagen!

Herr Pfarrer Elmar Gruber hat seine Predigten immer vollkommen frei gehalten, also ohne jegliche schriftliche Unterlagen.

Die Predigten wurden von einer gläubigen Frau während der entsprechenden Gottesdienste mit Einverständnis von Pfarrer Elmar Gruber privat auf Cassette aufgenommen und danach von ihr aufgeschrieben. Sie dachte sich, jedes Wort von Elmar Gruber ist wichtig – das gehört für die Nachwelt erhalten.

Danke, Helga! Ohne Dich hätten wir diese Predigt-Schätze nicht!

 

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17. Sonntag im Jahreskreis C

27. Juli 2025

Predigt von Pfarrer Elmar Gruber am 26. Juli 1998

 

1. Lesung: Gen 18,20-32: „Herr, zürne doch nicht, wenn ich mit Dir rede!“

2. Lesung: Kol 2, 12-14: „Gott hat Euch mit Christus zusammen lebendig gemacht und Euch alle Sünden vergeben.“

Evangelium: Lk 11, 1-13: „Bittet, dann wird Euch gegeben!“

 

Ich darf Sie herzlich begrüßen zur Feier des 17. Sonntags im Jahreskreis! Paulus zeigt uns heute das Prinzip des Lebens, das uns Christus gebracht hat. Gott  ist Mensch geworden, um uns das „Prinzip Liebe“ einzupflanzen. Im Evangelium werden wir ermutigt zum Gebet – Gott um alles zu bitten, damit wir alles aus SEINER Hand annehmen können.

 

Predigt

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Dem heiligen Paulus geht es darum, uns darauf hinzuweisen, dass wir in diesem irdischen Leben schon das Leben erlangen, das ewig ist, dass der Tod, der Körpertod, nicht töten kann. Er drückt das an verschiedenen Stellen aus mit den Worten „Mit Christus gestorben sein und mit Christus auferstehen“ .

Ich war auf einem sehr interessanten, pädagogischen Kongress in Salzburg. Da hat eine Referentin (deren Namen ich auswendig nicht mehr weiß) ein hervorragendes Referat gehalten. Sie hat in brillianter Weise gezeigt, wie unsere ganze heutige Gesellschaft von den Werten lebt, die früher als Unwert empfunden wurden – also eine Umkehrung: Geiz, Neid, Eifersucht, Streitsucht, Hass, alle Arten von Suchten, Habgier – alles das sind heute Werte, nach dem unser ganzes gesellschaftliches Leben, bis zur Wirtschaft, einfach in allen Bereichen, gesteuert wird. Wenn wir dieses materialistische Lebensprinzip nicht aufgeben und das Prinzip Liebe, das uns Jesus gebracht hat, nicht einpflanzen, werden wir nicht überleben.

Das zeigt auch der Prophet, wenn er sagt: „Es ist keine Liebe, keine Treue, keine Gotteserkenntnis.“ Wir stehen am Abgrund, wenn wir uns nicht zum Herrn, unserem Gott, bekehren.

Mit Christus auferstehen – das heißt nicht, ‚aus der Welt zu fliehen‘, wie es manchmal in esoterischen Kreisen dargestellt wird, sondern das heißt, wie wir es in der Oration gesagt haben, ‚die irdischen Dinge so zu lieben, dass wir die ewigen in den vergänglichen Geschenken des Lebens erfahren‘ – also, dass wir in anderer Weise mit der Welt umgehen als in egoistischer Weise, dass die Welt wieder ein Garten Gottes ist, wo wir in vergänglicher Weise ewiges Leben, ewige Liebe, erfahren.

Im Evangelium haben wir wieder eine klassische Lukas-Katechese. Sie will uns ermuntern zu beten, auch wenn wir meinen, wir werden nicht erhört, weil wir als spaßorientierte Menschen immer meinen, Gebetserhörung bestünde darin, dass wir genau das bekommen, was wir wollen. Ich habe schon einmal erzählt von einer Frau, die gebetet hat, dass sie einen Lottogewinn bekommt, weil sie viel Geld braucht. Sie hat gesagt: „Lieber Gott, damit Du auch etwas davon hast, gebe ich die Hälfte vom Gewinn der Caritas.“ Also, für den lieben Gott einen Anreiz schaffen, damit es einen Lottogewinn gibt? Es kam keiner. Dann sagte sie: „Also, Gott erhört mich nicht.“ Ich sagte: „Doch, ER hat Sie viel besser erhört als Sie denken. Sie haben die Einsicht bekommen, dass Sie mit weniger Geld auskommen können, dass Sie keinen Lottogewinn brauchen, dass es anders auch geht, und vielleicht sogar viel besser.“

Nehmen wir die andere Situation: Jesus betet. SEINE Jünger beobachten das, und sie müssen vielleicht lange warten, bis sie mit IHM reden können. Ich denke an meine Kinderzeit, wie wir gewartet haben, bis unsere Mutter mit den drei Rosenkränzen in Andechs oder Maria Eich fertig war. Aber da hat man eins gespürt: Dass ein Mensch das Gebet zum Leben braucht. So geht es wohl auch den Jüngern, wie sie Jesus beten sehen, dass sie nicht sagen, dass ER endlich aufgehört hat, sondern dass sie sagen: „Herr, lehre uns beten!“

Jetzt die Katechese, also eine Einfühlungsübung würde man heute sagen oder eine Phantasiereise: Stellt Euch einmal vor, wenn Einer von Euch einen Freund hat, und der käme zu Dir um Mitternacht und würde sagen: „Freund, leih mir drei Brote, denn einer meiner Freunde, der auf Reisen ist, der ist zu mir gekommen, und ich habe ihm nichts anzubieten!“ Schauen wir uns das einmal näher an: Mitternacht ist bei Lukas immer die ‚Nicht-Zeit, der Augenblick zwischen den zwei Tagen, der Nullpunkt‘ – also die Augenblicke in unserem Leben, wo sich Entscheidendes ereignet im Hinblick auf die Ewigkeit. Das Brot, um das es hier geht, ist die ‚Kraft der Freundlichkeit, das, worauf Einer angewiesen ist, wenn Menschen zusammenkommen. Das ist die Möge-Kraft‘. Ich kann auch nicht immer alle mögen. Ich muss mir die Möge-Kraft immer wieder erbitten mit dem Gedanken „Gott liebt sie auch.“ Dann geht er zum Freund, um sich die Freundlichkeit in diesem Brot zu holen. Jetzt kommt: „Ich sage Euch: Wenn er schon nicht deswegen aufsteht und ihm seine Bitte erfüllt, weil er sein Freund ist, so wird er doch wegen seiner Zudringlichkeit aufstehen und ihm geben, was er braucht.“ Das heißt also: Seid im Gebet zudringlich! Hört nicht gleich auf, wenn es einmal nicht geht! Weiterbeten! Weiterbeten!

Dann kommt jetzt der allgemeine Hefteintrag: „Bittet, dann wird Euch gegeben!“ Irgendetwas wird Euch gegeben, und zwar immer! Also, sich nicht darauf festlegen, wenn ich nicht das bekomme, was ich möchte!

„Bittet, dann wird Euch gegeben! Sucht, dann werdet Ihr finden! Klopft an, dann wird Euch geöffnet! Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet.“ Das war wahrscheinlich SEINEN Zuhörern noch ein bisschen zu wenig. Und da kommt jetzt gleich die zweite Katechese. Denkt noch einmal nach: „Ist unter Euch ein Vater, der seinem Sohn eine Schlange gibt, wenn er um einen Fisch bittet, oder einen Skorpion, wenn er um ein Ei bittet?“  Jetzt denkt einmal: „Wenn nun schon Ihr, die Ihr böse seid (das heißt nicht moralisch böse), wenn Ihr in Eurem natürlichen Gut-Sein Euren Kindern gebt, was gut ist, wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist denen geben (die Möge-Kraft geben, das Brot geben, das ist alles eins), die IHN bitten.?“ Also, bittet!

Es geht in unserem Leben nicht darum, dass Gott unsere Probleme immer aufklärt und wir sagen: „Lieber Gott, wenn Du ein richtig lieber Gott bist, dann mach jetzt das so, wie ich das will.“ Nein! Es geht darum, dass wir in das Urvertrauen hineinkommen, dass alles, so wie es ist, auch die Probleme, die wir nicht lösen können, auch unsere eigene Bosheit und die Bosheit der Anderen, dass alles das umgriffen ist von der Liebe Gottes. Wir sind alle im Himmel, aber der Himmel ist nicht in uns. Das ist das Problem. Es gibt keine objektive Gottlosigkeit, aber die subjektive. Wir spüren Gott nicht, aber ER ist es, in dem wir leben, uns bewegen und sind. Aber das muss in uns hineinkommen. Darum können wir bitten.

Ich darf noch einen kleinen Vergleich bringen. Ich glaube, ich habe schon einmal darauf hingewiesen. Bis zu Galilei, bis zur kopernikanischen Wende, hat man gedacht, dass sich die Sonne um die Erde dreht, weil die Sonne immer auf- und untergeht. Man wusste noch nicht, dass sich nicht die Sonne um die Erde dreht. Auch im Christentum hat man gemeint, dass wenn Gott auf dieser Erde Mensch geworden ist, dass dann diese Erde der Mittelpunkt des ganzen Kosmos sein muss, um den sich alles dreht. Nun ist das aber nicht so. Im geistigen Bereich haben wir diese kopernikanische Wende oder den Fall Galilei noch nicht verkraftet. Wir meinen immer, alles dreht sich um uns, und Gott muss sich auch um uns drehen.  Aber es dreht sich alles um Gott.  Wenn ER sich nicht um uns dreht, dann kritisieren wir IHN schon. Wir drehen uns selber um uns. Bis zu einem gewissen Grad, also im irdischen Bereich, wo wir für uns sorgen müssen und uns nicht Anderen auflasten können, müssen wir uns um uns selbst drehen. Aber da müssen wir auch wissen, dass letztlich alles, und auch wir, sich um Gott zu drehen haben. Wenn wir das einmal vollziehen können in unserem Glauben, dass sich alles um Gott dreht, dann ist klar, dass wir nicht alles kapieren können.

In der Ijobs-Geschichte, in den zwei Kapiteln 38 und 39, heißt es: „Da antwortete der Herr dem Ijob aus dem Wettersturm und sprach: Wer ist es, der den Ratschluss verdunkelt, mit Gerede ohne Einsicht?“ Und weiter: „Wo warst Du, als ich die Erde gegründet hatte?“ Sag es, wenn Du Bescheid weißt! Hast Du das alles gemacht, warst Du dabei, Du gescheiter Mensch?  Und Ijob sprach betroffen: „Ich habe erkannt, dass Du alles vermagst.“ Ijob ist aufgegangen: „Wenn ich auch nichts verstehe, ich weiß, dass alles in der Hand Gottes ist.“

Werft die Sorgen auf den Herrn! Und was hat das alles für einen Sinn?     Loslassen lernen! ER ist die Mitte. Alles hat dann eine Hoffnung, in der letztlich alles gut wird – auch wenn ich nicht begreife, wie es geschehen soll. Gott um alles bitten, nicht nachlassen! Dann kann das Urvertrauen entstehen – nicht durch die Logik der Gedanken, sondern durch die Praxis des Gebets.

Noch ein letzter Gedanke: Sie haben vielleicht auch gehört, dass der berühmte und  geliebte Professor Bernhard Häring schon einige Zeit vor seinem Tod gesagt hat, dass er überhaupt nicht mehr betet (Beten im Sinn von Bitten), weil er weiß, dass alles in der Hand Gottes geborgen ist. Gott um alles zu bitten, kann genau auf dem Höhepunkt, sozusagen paradoxerweise, heißen, Gott um nichts mehr bitten zu müssen, wenn mir immer mehr bewusst ist, dass alles in SEINER Hand ist und gut wird.

Aber das Lobgebet „Du bist es, Du hast alles in Deiner Hand“ wird uns immer begleiten als die Quelle der Kraft, dass wir den Alltag wieder packen und die Verantwortung sehen in dieser Welt – nicht nach dem Prinzip des Konsums, des Egoismus, leben, sondern nach dem Prinzip der Liebe und Vergebung, wenigstens anfangshaft – das heißt prinzipiell.

Bittet, und Ihr werdet empfangen!

Sucht, Ihr werdet finden!

Klopft an, es wird Euch aufgetan!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  1. Lesung: Nehemia 8, 2-4.5-6.8-10
  2. Lesung: 1 Korinther 12, 12-30

Evangelium: Lukas 1, 1-4;4, 14-21

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Ich begrüße Sie herzlich zum 3. Sonntag im Jahreskreis! In der Lesung weist uns der Apostel Paulus darauf hin, dass wir alle  E I N E R  sind, der Leib Christi, jeder mit seinen Fähigkeiten, mit seinen Gaben, die Aufgaben sind.

Im Evangelium zeigt uns Lukas sein Anliegen, warum er das Evangelium geschrieben hat und auch, was die Sendung Jesu eigentlich ist.

 

 

Predigt:

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Das Evangelium heute greift eine schwierige Situation auf, die wir gerade in unserer Zeit wieder vorfinden:

Woher bekommen wir die Gewissheiten unseres Glaubens? Wo finden wir sie? Wir werden feststellen, dass wir, die wir noch Vorstellungen haben wie vor fünfzig Jahren, umdenken müssen, um die eigentliche Botschaft, das Eigentliche, was Jesus gebracht hat, nicht zu verlieren.

Es geht hier um die historische Zuverlässigkeit der Berichte über das Leben Jesu. Da sagt uns die heutige Wissenschaft, dass wir über die praktisch historische Zuverlässigkeit im Neuen Testament nichts finden. Wie ich im Studium war, da war die große Problematik, ob es Jesus überhaupt gegeben hat, ob wir nicht nur den Jesus des Glaubens, den literarischen Jesus haben; das ist überwunden. An der historischen Wirklichkeit Jesu zweifelt heute niemand.

 

Aber, wer war dieser Jesus?

Historisch gesehen war ER wohl mehr als nur dieser Ausschnitt, den uns die Evangelien zeigen.

Die Sprachforscher, die aramäisch, jüdisch, hebräisch beherrschen, die sagen, das Thomasevangelium ist eines der ältesten Schriften, es zeigt uns Jesus als Weisheitslehrer, der in Sequenzen, in Versen gesprochen hat, die man auswendig lernen kann, damit SEINE Jünger SEINE Lehre weitergeben können.

Als ich vor ca. dreißig Jahren den Auftrag bekam, diese neuen biblischen Ergebnisse der Lehrerschaft, die Religionsunterricht geben, zu vermitteln, war das äußerst schwierig.

„Ja, wenn das alles nicht mehr stimmt, wenn das Jesus nicht wortwörtlich gesagt hat, ja dann geben wir keinen Religionsunterricht, keinen Bibelunterricht mehr.

In meiner Kinderzeit hat man noch gelernt, dass den Jonas der Walfisch gefressen und dann wieder ausgespuckt hat. Das ist mir zum Verhängnis geworden, weil ich das so nicht glauben konnte, dass Jonas, der im Bauch des Walfisches war, das Beten angefangen hat. Doch mir hat der Religionslehrer – ich habe ihm längst verziehen – gesagt: „Das musst Du glauben, das ist Wort Gottes. Wenn Du das nicht glaubst, dass der Walfisch den Jonas gefressen hat und dass der im Bauch gebetet hat und dann nach drei Tagen wieder ans Land kam, dann hast Du eine Todsünde.“

Ich habe es immer wieder gebeichtet, weil ich den Jonas nicht glauben konnte. Dann habe ich im Lexikon auch noch gelesen, dass der Walfisch so einen engen Schlund hat wie ein Mensch, dass da kleine Krebse durchgehen können, aber nie ein unzerkleinerter Prophet.

Und der Beichtvater hat gesagt: „Wenn Du das nicht glaubst, kann ich Dir nicht mehr die Absolution erteilen“ (in welchen Zwängen muss der gewesen sein). Das war für mich Verdammung; ich habe den Jonas nicht glauben können.

Dass das eine Lehrgeschichte ist, wo man sagen muss: Stell dir das mal vor, da musste ein Prophet lernen, dass Gott die Leviten auch mag, dass ER jeden mag, der sich bekehrt und liebend wird, bildlich gesprochen, dass er einen Prozess durchmacht, verschlungen wird, dann in die Finsternis, ins Unheil kommt, bis er dann geläutert durch diese Prozesse kapiert, dass Gott die Liebe ist – eine wunderbare Geschichte.

 

Ein Kurskollege von mir hat seine Probekatechese gehalten über den Jonas und hat in diesem Sinn gesprochen, und das war vor 40 Jahren. Dann haben die Professoren einen Rat abgehalten, ob man ihn als Ungläubigen entlassen müsste. Aber er ist heute noch ein sehr aufgeschlossener Priester und Pfarrer.

Und so ist es heute das Eigentliche, das Tiefe, das Innere, das Unvergängliche, das uns in diesen Sinngestalten nahegebracht wird. Wenn uns das aufgeht, dann ist es nicht mehr wichtig, ob es genauso historisch geschehen ist wie es da steht.

 

Und jetzt kommt Einer und sagt, bei Lukas steht doch genau: „Ich habe mich entschlossen, allem von Anfang an nachzuforschen, um es der Reihe nach aufzuschreiben, und so kannst du dich auf mich verlassen.“ Es waren Überlieferungsstücke, Erzählungen, Erinnerungen, und jeder, der ein Buch schreibt, der braucht eine Gliederung, wie er alles zusammenbaut, damit der Leser möglichst gut auf das Eigentliche kommt.

 

 

 

 

Und was aber Lukas zeigen möchte, geschieht im Innern des Sprachlichen, wo der Prophet sagt: „Er hat mich gesandt, um den Armen die Heilsbotschaft zu bringen, um den  Gefangenen (das sind die Eingesperrten, die mit sich und anderen innerlich und äußerlich Eingesperrten) die Freiheit zu bringen, den Blinden das Augenlicht (der Durchblicke eröffnet, der Zusammenhänge vermittelt, der möglich macht, alles einzuordnen, der es möglich macht, mit seinem Leben mit den vielen Rätseln zu leben und umzugehen und einfach, der die Zerschlagenen, die Kaputten wieder richtet, repariert).“  Das will er zeigen.

Man hat auch zur Zeit Jesu gedacht, der Messias müsste politisch sein, wie David, so wie David es für kurze Zeit fertiggebracht hat, ein Friedensreich aufzubauen. Jesus soll die Römer vertreiben, ER soll die Herrschaft, das Etablissement der Schriftgelehrten und Pharisäer, durchbrechen. Auf dieser Ebene, irdisch gesehen, ist Jesus total gescheitert. Und nun sagen heute auch die Wissenschaftler, wollte man die Glaubensgewissheit auf historische Daten festlegen, dann würde das Christentum das dritte Jahrtausend nicht überstehen. Würde man nicht sozusagen die inneren Wirklichkeiten, das, was Jesus uns bedeutet, das Unvergängliche in die Gegenwart bringen, dann könnte es uns im Leben auch nicht mehr tragen. Dann sind wir dauernd mit unserem Glauben dem Streit der Wissenschaftler ausgesetzt, die heute das reden und morgen was Anderes, dann muss man sich in einem Jahr ein paarmal umstellen.

 

So kommt jetzt ein Wort – da ist das Entscheidende drin, wenn Lukas schreibt:

„Jesus kehrte von der Kraft des Geistes erfüllt zurück.“

Das ist SEINE innere Erfüllung mit Gott, mit der Botschaft von der Liebe Gottes. Und so zeigt uns gerade Lukas Jesus als den Heiland der Armen, der in der Kraft der Liebe verbindet und offenbar macht, wie die Menschen befreit und erlöst werden können.

Wenn wir die frohe Botschaft als Lebenskraft erfahren wollen, als eine Kraft, die uns im Leben trägt, auch wenn äußerlich alles schiefgeht, die uns trägt in der Krankheit, durch die Krankheit, in der Armut und in unserer Schuld, in unserer Zerrissenheit, unserer Schwachheit, wenn das aufgeht, in unserem ganzen Bewusstsein aufgeht, dann trägt es unser Leben.

 

Nun kommen wir wieder auf das, worum wir uns ja dauernd bemühen:

Gott liebt dich immer, bedingungslos, unverlierbar, und die Anderen auch.

Und das ist die Fülle der Zeit, die Erfüllung unserer Sehnsucht, die auch, wie Augustinus sagt, als unerfüllte Sehnsucht in jedem Menschen verborgen ist. Das, wonach du dich sehnst, das gab es immer und das gibt es, und darum ist Gott Mensch geworden, damit das ganz menschlich sichtbar und erfahrbar wird.

 

 

Hängt euch doch nicht fest an dem Äußeren, das sind Vorstellungshilfen, damit das Innere aufgehen kann und euch tragen kann; das ist eben Mystik. Und das meint das viel zitierte Wort von Karl Rahner: „Der Christ der Zukunft wird Mystiker sein oder er wird nicht mehr sein.“

So versteht es auch Jesus, er zitiert Jesaja: „Er hat mich gesandt, um den Armen die Heilsbotschaft zu bringen.“ Und wenn Jesus sagt, das ist heute in Erfüllung gegangen, das mag vielleicht anmaßend klingen, aber es heißt, IHM ist bewusst, das, was ER zu bringen hat, ist kein menschliches Fabrikat, sondern das ist IHM gegeben, das ist die Kraft des Geistes.

„Der Geist des Herrn ruht auf IHM“, d.h., was ich euch sage, das ist mein Auftrag. Und so müsste eigentlich jedem Religionslehrer, Priester, Pfarrer bewusst sein, dass er nicht seine eigenen Aggressionen oder Probleme auszuschütten hat, wenn er von Gott redet, sondern dass er das, was der Geist durch Jesus geoffenbart hat, zu vermitteln hat so gut es geht, so dass ich ganz ehrlich sagen müsste, ich will ja nicht meine Weisheit vortragen, sondern das, wovon ich sagen kann, das trägt mein Leben, ich bin davon überzeugt. Dann kommt der Einzelne dazu, der aus seiner Lebenserfahrung heraus sagen kann, so wie Paulus einfach sagt: „Ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch überliefert habe“ – es ist nicht mein Gebilde, was ich weitergebe.

 

Dass das sichtbar wird, dass es nicht so schwierig ist, ein kleines Beispiel:

Es ist ein Beispiel, wie eine Legende tiefste Wahrheit enthält. Mir hat bei einer Tagung jemand erzählt von einer Weihnachtspredigt. Eine ganz kurze Geschichte, in der alles gesagt ist, was Jesus bringt. Das ist die Geschichte, die Geschichte vom Wolf, der das Jesuskind fressen wollte:

Es ist die Heilige Nacht auf den Fluren von Bethlehem: Die Herrlichkeit des Herrn strahlt auf sie, und der Wolf kommt wie jede Nacht zur Herde und holt sich ein Lämmlein, so als Nachtessen. Und dann ist der Wolf jetzt da auf den Fluren von Bethlehem, und dann fragt er sich, was ist denn da heute los? Was ist da für eine Aufregung, und er horcht und er horcht, bis er hört von einem Kind, von einem neugeborenen Kind. Er denkt, uih, ein neugeborenes Kind, das wäre mal was Anderes als immer die langweiligen Lämmer. Das Kind im Stall hole ich mir. Und dann schleicht er sich wieder zurück, und wie es finster und ruhig ist, schleicht er sich an den Stall heran und alle schnarchen und schlafen schon. Nur vom Kind hört er noch einen Krächzer, das Kind ist also noch wach. Er wartet noch ein bisschen, und dann geht er an die Krippe hin und denkt: Ah, jetzt hab‘ ich’s! Er streckt seinen Kopf und macht sein Maul auf, und dann

streichelt das Kind seine Schnauze und krault ihn hinten am Kopf. Und auf einmal kann er das Kind nicht mehr fressen.

 

 

 

 

 

Und noch etwas geht in ihm vor, er merkt auf einmal wie sein Fell aufspringt, sein Wolfsfell zerreißt. Dann fällt ihm das ganze Fell ab, und dann steht da -der Mensch.

Der Pfarrer hat diese Geschichte als Weihnachtslegende gebracht, und die, die dabei war, hat mir erzählt, die Leute waren mäuschenstill. Kein Wort hat er sonst gesagt, weil jeder sieht in diesem Bild die tiefe Wahrheit, wie das Wolfshafte, die Aggressionen und das alles abfällt und wie durch diese Liebe, durch die bedingungslose Liebe, der Mensch zum Menschen wird.

So gibt es diese vielen, vielen Möglichkeiten zum Aufmerksam-Machen auf das Eigentliche, was sich in Jesus erfüllt hat, in der Geschichte, weil gerade das, was IHN erfüllt hat, der Geist Gottes durch IHN in unsere Welt unverlierbar über historische Vergänglichkeiten eingegangen ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

 GOTT GEHT MIT, WORAUF DU DICH VERLASSEN KANNST!