Strahlkraft

Lebendiges Gedankengut von Pfarrer Elmar Gruber e.V.

ELMAR GRUBERS PREDIGTEN

, eingestellt von Redaktion (Kategorie: PREDIGTEN DURCH DAS KIRCHENJAHR)

VORWORT

IDEAL IN DEN ZEITEN DES UKRAINE-KRIEGS, DES KLIMAWANDELS  – DIESE WORTE GEBEN KRAFT UND HOFFNUNG!

VERKÜNDIGUNG VON GOTTES WORT DURCH DIE PREDIGTEN DES HOFFNUNG GEBENDEN PFARRERS ELMAR GRUBER

Predigten zu den Sonn- und Feiertagen nach Lesejahren A / B / C  – seit dem 1. Advent 2024 (01. Dezember 2024) ist Lesejahr C.

Immer die aktuelle Predigt!

Inspiration für alle Seelsorgerinnen und Seelsorger bei der Erstellung ihrer Predigten und alle Gläubigen und Interessenten!

Auch als Predigt-Vorlagen!

Herr Pfarrer Elmar Gruber hat seine Predigten immer vollkommen frei gehalten, also ohne jegliche schriftliche Unterlagen.

Die Predigten wurden von einer gläubigen Frau während der entsprechenden Gottesdienste mit Einverständnis von Pfarrer Elmar Gruber privat auf Cassette aufgenommen und danach von ihr aufgeschrieben. Sie dachte sich, jedes Wort von Elmar Gruber ist wichtig – das gehört für die Nachwelt erhalten.

Danke, Helga! Ohne Dich hätten wir diese Predigt-Schätze nicht!

 

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DREIFALTIGKEITSSONNTAG C –

15. Juni 2025

Predigt von Pfarrer Elmar Gruber am 14. Juni 1992

 

1. Lesung: Spr 8, 22-31 „Als die Urmeere noch nicht waren, wurde ich geboren.“

2. Lesung: Röm 5, 1-5 „Wir haben Frieden mit Gott durch Jesus Christus in der Liebe, die ausgegossen ist durch den Heiligen Geist.“

Evangelium: Joh 16, 12-15 „Alles, was der Vater hat, ist mein. Der Geist wird von dem, was mein ist, nehmen und es Euch verkünden.“

 

Der Dreifaltigkeits-Sonntag ist das Fest unseres Gottes. Wir haben Advent und Weihnachten, die Passionszeit, Ostern und Pfingsten gefeiert. Und heute ist sozusagen das Zentrum von all dem, was wir feiern, heute steht GOTT im Mittelpunkt.

Es ist immer wieder die Schuld unseres Kleinglaubens, dass wir al­les in unsere Vernunft zwängen wollen und deshalb Gott nicht begegnen können.

O Gott, nimm von uns allen Zweifel und allen Kleinglauben! Öffne unser Herz für die Großartigkeit und die Unendlichkeit Dei­ner Liebe! Lass in der Kraft Deiner Liebe uns immer wieder einander begegnen!

 

Predigt:

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Die Frage, ob es Gott gibt, ist so alt wie die Menschheit. Und solange es Menschen gibt, wird es immer wieder diese Frage geben. Wir antworten darauf sehr schnell: „Ja! An Gott muss man einfach glauben.“ Man kann Gott nicht beweisen. Alle Gottesbeweise fal­len letztendlich in sich zusammen. Man muss glauben.

Nun ist aber unser Glaube kein Glaube an leere Begriffe, wo ein Dogmatiker einen Begriff aufgestellt hat und sagt, dass man das  glauben muss, sondern unser Glaube sind Wirklichkeiten, die man zeigen kann. So ist auch beim Religi­onsunterricht die Frage da, wie und wo ich Gott zeigen kann, sodass jeder Mensch weiß, dass es eine Wirklichkeit ist, die ich dann auch in meinem Leben verwirklichen muss. Ich kann Gott erahnen, auch wenn ich Gott nicht begreifen kann.

Es gibt etwas ganz Praktisches, wo diese Ah­nung von Gott da ist. Und da hat man früher den Erstansatz an der Schöpfung angesetzt:

„Erde und Himmel, Land und Meer,

was Du siehst, wo kommt es her?

Alles das hat Gott gemacht, IHM sei Lob und Dank gebracht.“

Hier wird sozusagen der Verstand eingesetzt: Schau doch, das al­les muss doch irgendwo herkommen, Gott ist der Schöpfer, ER ist der Urgrund, der das All im Dasein erhält. Dieser Ansatz ist natürlich richtig. Aber als Erstansatz, als erster Zugang zu Gott, führt er in Probleme hinein, die nicht mehr auflösbar sind, zum Beispiel ins Leidproblem. Wie kann Gott die Welt geschaffen haben, wenn es das Leid gibt? Ich brauche all die Probleme nicht aufzuzählen – das moralische Übel, das von der Bosheit des Menschen kommt. Und dann die Katastro­phen in der Natur und das alles! Wie kann dieser Gott gut sein? ­Das Hiobsproblem schlechthin, wo auch große Theologen sich aufbäumen gegen diesen Gott! Zwei kleine Kinder haben durch einen Unfall die Eltern verloren – Gott, wo bist Du? Oder wir stellen uns die Frage, wo Gott im KZ gewesen ist. Fragen, die nie, nie aufgehen.

Lassen wir das und bemühen wir uns um einen anderen Erstansatz, der in unserem Jahrhundert vom großen Religionsphilosophen Martin Buber in den Mittelpunkt gerückt worden ist: Gott ist Beziehung. Die Frage ist also nicht, wo die Dinge herkommen, sondern, was Du in Deinen Beziehungen erlebst. Das wäre der biblische Ansatz, denn da lesen wir im Johannes-Evangelium: „Gott ist die Liebe.“ Und wir lesen bei den Synoptikern: „Das Reich Gottes ist nahe.“ Das heißt: Der Bereich Gottes ist die Nähe. Da wird uns gesagt: damit ist jede Beziehung gemeint, die wir erleben, von der eng­sten Zweierbeziehung bis zu den Beziehungen, die auch wir hier erleben, wo wir Sonntag für Sonntag zusammenkommen und SEIN Wort hören. Dort, wo sich Gemeinde bildet, (wo man sich nicht mehr fremd ist, wo man sich kennt, und oft sogar auf der Straße sagt, dass man den von der Kirche her kennt) – das alles gehört dazu. Ich kann sagen: Wo diese Beziehungskraft ist, da ist Gott wirk­lich wirkend. Beziehung kommt nicht nur von Gott, sondern ER ist selbst diese Beziehungskraft.

Ich habe wieder mein Dreieck mitgebracht. Das ist eigentlich immer schon das Symbol für Gott, weil auch die Menschen anderer Religionen die Erfahrung gemacht haben: Wenn ich mit Menschen Be­ziehung habe, wenn es mir also gut geht bei Menschen, wenn ich Heil erfahre bei Menschen, das ist etwas, was nicht der Mensch gemacht hat, sondern das ist etwas DRITTES. Das scheint mir der erste Ansatz zu sein, damit ich dann sagen kann: Gott ist Beziehung. Und dann kann ich auch sagen: „Gott ist die Liebe.“ Das ist dann der Glaube.Gott ist die Liebe; wenn das mein fester Glaube ist, dann kann ich mit den anderen offenen Verstandesfra­gen und mit der Leidfrage leben. Wie es mit der Welt weitergeht, weiß ich auch nicht. Ich weiß, ich kann das Leidproblem nicht lösen, aber eins weiß ich: Gott ist die Liebe. Und da kann ich darauf vertrauen, dass alles einen Sinn hat, auch wenn ich ihn nicht erkenne.

Mir scheint, dass es gerade heute eine Überlebensfrage ist, zu diesem Bewusstsein vorzudringen. Der Ansatzpunkt ist: Gott ist Beziehung! Und das ist mein Glaube, dass ich sage: „Aber diese Beziehung – die kann nicht ich machen.“ Denken Sie an die kleine Erzählung, wo ein drei­jähriger Bub auf ein viereinhalbjähriges Mädchen zuläuft, es umarmt und sagt: „Ich bin jetzt Dein Freund.“ Und dieses Mädchen ist überglücklich. Das sind die Stellen, wo ich sage: „Schau her, das ist Gott, die Kraft des Geistes, die da wirkt.“

Jetzt möchte ich aber Gott allein betrachten. Ich muss IHN auch allein in mein Bewusstsein bekommen. Ich habe eine Schere mit­gebracht. Und wenn ich von dem Dreieck jetzt die Spitze abschneide und allein betrachte, ist es ja auch wieder ein Dreieck. Das ist das, was Kinder so verblüfft. Da ist im Symbol zu sehen: EINS IST GLEICH DREI. Wenn Gott schon Beziehung ist, die ich in meiner Bezie­hung erfahre, dann kann ER selbst auch nur Beziehung sein. Das ist jetzt ein bisschen philosophisch ausgedrückt – wir sagen. „ER ist ein lebendiger Gott, ER ist der Ursprung.“

Wir nennen IHN Vater – und heute müssen wir dazu lernen: Gott ist Vater und Mutter, Gott ist nicht nur männlich, sondern männlich und weiblich zugleich oder weder noch.
Gott hat den Menschen als SEIN Ebenbild erschaffen, als Mann und Frau. Wenn Mann und Frau Ebenbild Gottes sind, dann muss ER doch auch weiblich und männlich zugleich sein.

Jesus ist der Sohn Gottes, der vom Vater gezeugt ist. Das Gegenüber und die Verbundenheit zwischen beiden ist die Beziehungskraft, der Heilige Geist.

Wie man auch versucht, mit Symbolen sich die innergöttliche Wirklichkeit und die Ursprünglichkeit aller Wirklichkeit, aller Le­benswirklichkeit, zu erahnen – letztlich bleibt das Geheim­nis Gottes bestehen. Wenn wir mitsammen eine schöne Gottesdienstfeier haben, dann tragen wir das Unsere dazu bei. Aber die Wirkung kommt von IHM, da haben wir IHN zum Greifen da. Gott allein ist das, was wir hier erfahren, ER ist Beziehung.

Ich meine. dass von der Mystik der Zugang zu Gott viel einfa­cher ist als von der Dogmatik, die das auch irgendwie verstandesmäßig erfassen kann, aber nicht das Leben erfüllen kann. Dieser Gott ist es, der die Welt erschaffen hat und der die Welt, ganz gleich, was mit ihr geschieht, immer in SEINEN Händen hält. ER ist der Urgrund der Freude. Und wenn man das erfasst, dann kommt es ganz von selber, dass man diesen Gott nur loben kann:

„Ja. Du bist es,

Du allein bist der Heilige,

Du allein der Herr,

Du allein der Höchste.“

So ist das Loben Gottes für den Menschen heilsam, weil er da immer ausdrückt: „Ja, von Dir kommt all mein Glück, auf Dich kann ich immer vertrauen, Du bleibst die Liebe, auch wenn ich Vieles nicht begreife.“ Wenn ich von meinem Begreifen aus auf Gott kommen möchte, dann werde ich immer scheitern. Wenn ich aber vom Bewusstsein der Liebe aus meine Lebensprobleme immer wieder erfassen möchte, dann kann ich mit ungelösten Proble­men leben, weil ich das Bewusstsein habe: Gott ist dle Liebe, und ganz gleich, was ist – es ist immer gut, dass es mich gibt, dass ich da bin.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  1. Lesung: Nehemia 8, 2-4.5-6.8-10
  2. Lesung: 1 Korinther 12, 12-30

Evangelium: Lukas 1, 1-4;4, 14-21

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Ich begrüße Sie herzlich zum 3. Sonntag im Jahreskreis! In der Lesung weist uns der Apostel Paulus darauf hin, dass wir alle  E I N E R  sind, der Leib Christi, jeder mit seinen Fähigkeiten, mit seinen Gaben, die Aufgaben sind.

Im Evangelium zeigt uns Lukas sein Anliegen, warum er das Evangelium geschrieben hat und auch, was die Sendung Jesu eigentlich ist.

 

 

Predigt:

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Das Evangelium heute greift eine schwierige Situation auf, die wir gerade in unserer Zeit wieder vorfinden:

Woher bekommen wir die Gewissheiten unseres Glaubens? Wo finden wir sie? Wir werden feststellen, dass wir, die wir noch Vorstellungen haben wie vor fünfzig Jahren, umdenken müssen, um die eigentliche Botschaft, das Eigentliche, was Jesus gebracht hat, nicht zu verlieren.

Es geht hier um die historische Zuverlässigkeit der Berichte über das Leben Jesu. Da sagt uns die heutige Wissenschaft, dass wir über die praktisch historische Zuverlässigkeit im Neuen Testament nichts finden. Wie ich im Studium war, da war die große Problematik, ob es Jesus überhaupt gegeben hat, ob wir nicht nur den Jesus des Glaubens, den literarischen Jesus haben; das ist überwunden. An der historischen Wirklichkeit Jesu zweifelt heute niemand.

 

Aber, wer war dieser Jesus?

Historisch gesehen war ER wohl mehr als nur dieser Ausschnitt, den uns die Evangelien zeigen.

Die Sprachforscher, die aramäisch, jüdisch, hebräisch beherrschen, die sagen, das Thomasevangelium ist eines der ältesten Schriften, es zeigt uns Jesus als Weisheitslehrer, der in Sequenzen, in Versen gesprochen hat, die man auswendig lernen kann, damit SEINE Jünger SEINE Lehre weitergeben können.

Als ich vor ca. dreißig Jahren den Auftrag bekam, diese neuen biblischen Ergebnisse der Lehrerschaft, die Religionsunterricht geben, zu vermitteln, war das äußerst schwierig.

„Ja, wenn das alles nicht mehr stimmt, wenn das Jesus nicht wortwörtlich gesagt hat, ja dann geben wir keinen Religionsunterricht, keinen Bibelunterricht mehr.

In meiner Kinderzeit hat man noch gelernt, dass den Jonas der Walfisch gefressen und dann wieder ausgespuckt hat. Das ist mir zum Verhängnis geworden, weil ich das so nicht glauben konnte, dass Jonas, der im Bauch des Walfisches war, das Beten angefangen hat. Doch mir hat der Religionslehrer – ich habe ihm längst verziehen – gesagt: „Das musst Du glauben, das ist Wort Gottes. Wenn Du das nicht glaubst, dass der Walfisch den Jonas gefressen hat und dass der im Bauch gebetet hat und dann nach drei Tagen wieder ans Land kam, dann hast Du eine Todsünde.“

Ich habe es immer wieder gebeichtet, weil ich den Jonas nicht glauben konnte. Dann habe ich im Lexikon auch noch gelesen, dass der Walfisch so einen engen Schlund hat wie ein Mensch, dass da kleine Krebse durchgehen können, aber nie ein unzerkleinerter Prophet.

Und der Beichtvater hat gesagt: „Wenn Du das nicht glaubst, kann ich Dir nicht mehr die Absolution erteilen“ (in welchen Zwängen muss der gewesen sein). Das war für mich Verdammung; ich habe den Jonas nicht glauben können.

Dass das eine Lehrgeschichte ist, wo man sagen muss: Stell dir das mal vor, da musste ein Prophet lernen, dass Gott die Leviten auch mag, dass ER jeden mag, der sich bekehrt und liebend wird, bildlich gesprochen, dass er einen Prozess durchmacht, verschlungen wird, dann in die Finsternis, ins Unheil kommt, bis er dann geläutert durch diese Prozesse kapiert, dass Gott die Liebe ist – eine wunderbare Geschichte.

 

Ein Kurskollege von mir hat seine Probekatechese gehalten über den Jonas und hat in diesem Sinn gesprochen, und das war vor 40 Jahren. Dann haben die Professoren einen Rat abgehalten, ob man ihn als Ungläubigen entlassen müsste. Aber er ist heute noch ein sehr aufgeschlossener Priester und Pfarrer.

Und so ist es heute das Eigentliche, das Tiefe, das Innere, das Unvergängliche, das uns in diesen Sinngestalten nahegebracht wird. Wenn uns das aufgeht, dann ist es nicht mehr wichtig, ob es genauso historisch geschehen ist wie es da steht.

 

Und jetzt kommt Einer und sagt, bei Lukas steht doch genau: „Ich habe mich entschlossen, allem von Anfang an nachzuforschen, um es der Reihe nach aufzuschreiben, und so kannst du dich auf mich verlassen.“ Es waren Überlieferungsstücke, Erzählungen, Erinnerungen, und jeder, der ein Buch schreibt, der braucht eine Gliederung, wie er alles zusammenbaut, damit der Leser möglichst gut auf das Eigentliche kommt.

 

 

 

 

Und was aber Lukas zeigen möchte, geschieht im Innern des Sprachlichen, wo der Prophet sagt: „Er hat mich gesandt, um den Armen die Heilsbotschaft zu bringen, um den  Gefangenen (das sind die Eingesperrten, die mit sich und anderen innerlich und äußerlich Eingesperrten) die Freiheit zu bringen, den Blinden das Augenlicht (der Durchblicke eröffnet, der Zusammenhänge vermittelt, der möglich macht, alles einzuordnen, der es möglich macht, mit seinem Leben mit den vielen Rätseln zu leben und umzugehen und einfach, der die Zerschlagenen, die Kaputten wieder richtet, repariert).“  Das will er zeigen.

Man hat auch zur Zeit Jesu gedacht, der Messias müsste politisch sein, wie David, so wie David es für kurze Zeit fertiggebracht hat, ein Friedensreich aufzubauen. Jesus soll die Römer vertreiben, ER soll die Herrschaft, das Etablissement der Schriftgelehrten und Pharisäer, durchbrechen. Auf dieser Ebene, irdisch gesehen, ist Jesus total gescheitert. Und nun sagen heute auch die Wissenschaftler, wollte man die Glaubensgewissheit auf historische Daten festlegen, dann würde das Christentum das dritte Jahrtausend nicht überstehen. Würde man nicht sozusagen die inneren Wirklichkeiten, das, was Jesus uns bedeutet, das Unvergängliche in die Gegenwart bringen, dann könnte es uns im Leben auch nicht mehr tragen. Dann sind wir dauernd mit unserem Glauben dem Streit der Wissenschaftler ausgesetzt, die heute das reden und morgen was Anderes, dann muss man sich in einem Jahr ein paarmal umstellen.

 

So kommt jetzt ein Wort – da ist das Entscheidende drin, wenn Lukas schreibt:

„Jesus kehrte von der Kraft des Geistes erfüllt zurück.“

Das ist SEINE innere Erfüllung mit Gott, mit der Botschaft von der Liebe Gottes. Und so zeigt uns gerade Lukas Jesus als den Heiland der Armen, der in der Kraft der Liebe verbindet und offenbar macht, wie die Menschen befreit und erlöst werden können.

Wenn wir die frohe Botschaft als Lebenskraft erfahren wollen, als eine Kraft, die uns im Leben trägt, auch wenn äußerlich alles schiefgeht, die uns trägt in der Krankheit, durch die Krankheit, in der Armut und in unserer Schuld, in unserer Zerrissenheit, unserer Schwachheit, wenn das aufgeht, in unserem ganzen Bewusstsein aufgeht, dann trägt es unser Leben.

 

Nun kommen wir wieder auf das, worum wir uns ja dauernd bemühen:

Gott liebt dich immer, bedingungslos, unverlierbar, und die Anderen auch.

Und das ist die Fülle der Zeit, die Erfüllung unserer Sehnsucht, die auch, wie Augustinus sagt, als unerfüllte Sehnsucht in jedem Menschen verborgen ist. Das, wonach du dich sehnst, das gab es immer und das gibt es, und darum ist Gott Mensch geworden, damit das ganz menschlich sichtbar und erfahrbar wird.

 

 

Hängt euch doch nicht fest an dem Äußeren, das sind Vorstellungshilfen, damit das Innere aufgehen kann und euch tragen kann; das ist eben Mystik. Und das meint das viel zitierte Wort von Karl Rahner: „Der Christ der Zukunft wird Mystiker sein oder er wird nicht mehr sein.“

So versteht es auch Jesus, er zitiert Jesaja: „Er hat mich gesandt, um den Armen die Heilsbotschaft zu bringen.“ Und wenn Jesus sagt, das ist heute in Erfüllung gegangen, das mag vielleicht anmaßend klingen, aber es heißt, IHM ist bewusst, das, was ER zu bringen hat, ist kein menschliches Fabrikat, sondern das ist IHM gegeben, das ist die Kraft des Geistes.

„Der Geist des Herrn ruht auf IHM“, d.h., was ich euch sage, das ist mein Auftrag. Und so müsste eigentlich jedem Religionslehrer, Priester, Pfarrer bewusst sein, dass er nicht seine eigenen Aggressionen oder Probleme auszuschütten hat, wenn er von Gott redet, sondern dass er das, was der Geist durch Jesus geoffenbart hat, zu vermitteln hat so gut es geht, so dass ich ganz ehrlich sagen müsste, ich will ja nicht meine Weisheit vortragen, sondern das, wovon ich sagen kann, das trägt mein Leben, ich bin davon überzeugt. Dann kommt der Einzelne dazu, der aus seiner Lebenserfahrung heraus sagen kann, so wie Paulus einfach sagt: „Ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch überliefert habe“ – es ist nicht mein Gebilde, was ich weitergebe.

 

Dass das sichtbar wird, dass es nicht so schwierig ist, ein kleines Beispiel:

Es ist ein Beispiel, wie eine Legende tiefste Wahrheit enthält. Mir hat bei einer Tagung jemand erzählt von einer Weihnachtspredigt. Eine ganz kurze Geschichte, in der alles gesagt ist, was Jesus bringt. Das ist die Geschichte, die Geschichte vom Wolf, der das Jesuskind fressen wollte:

Es ist die Heilige Nacht auf den Fluren von Bethlehem: Die Herrlichkeit des Herrn strahlt auf sie, und der Wolf kommt wie jede Nacht zur Herde und holt sich ein Lämmlein, so als Nachtessen. Und dann ist der Wolf jetzt da auf den Fluren von Bethlehem, und dann fragt er sich, was ist denn da heute los? Was ist da für eine Aufregung, und er horcht und er horcht, bis er hört von einem Kind, von einem neugeborenen Kind. Er denkt, uih, ein neugeborenes Kind, das wäre mal was Anderes als immer die langweiligen Lämmer. Das Kind im Stall hole ich mir. Und dann schleicht er sich wieder zurück, und wie es finster und ruhig ist, schleicht er sich an den Stall heran und alle schnarchen und schlafen schon. Nur vom Kind hört er noch einen Krächzer, das Kind ist also noch wach. Er wartet noch ein bisschen, und dann geht er an die Krippe hin und denkt: Ah, jetzt hab‘ ich’s! Er streckt seinen Kopf und macht sein Maul auf, und dann

streichelt das Kind seine Schnauze und krault ihn hinten am Kopf. Und auf einmal kann er das Kind nicht mehr fressen.

 

 

 

 

 

Und noch etwas geht in ihm vor, er merkt auf einmal wie sein Fell aufspringt, sein Wolfsfell zerreißt. Dann fällt ihm das ganze Fell ab, und dann steht da -der Mensch.

Der Pfarrer hat diese Geschichte als Weihnachtslegende gebracht, und die, die dabei war, hat mir erzählt, die Leute waren mäuschenstill. Kein Wort hat er sonst gesagt, weil jeder sieht in diesem Bild die tiefe Wahrheit, wie das Wolfshafte, die Aggressionen und das alles abfällt und wie durch diese Liebe, durch die bedingungslose Liebe, der Mensch zum Menschen wird.

So gibt es diese vielen, vielen Möglichkeiten zum Aufmerksam-Machen auf das Eigentliche, was sich in Jesus erfüllt hat, in der Geschichte, weil gerade das, was IHN erfüllt hat, der Geist Gottes durch IHN in unsere Welt unverlierbar über historische Vergänglichkeiten eingegangen ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

 GOTT GEHT MIT, WORAUF DU DICH VERLASSEN KANNST!