VORWORT
IDEAL IN DEN ZEITEN DES UKRAINE-KRIEGS, DES KLIMAWANDELS, DER CORONA-PANDEMIE – DIESE WORTE GEBEN KRAFT UND HOFFNUNG!
VERKÜNDIGUNG VON GOTTES WORT DURCH DIE PREDIGTEN DES HOFFNUNG GEBENDEN PFARRERS ELMAR GRUBER
Predigten zu den Sonn- und Feiertagen nach Lesejahren A / B / C – seit dem 1. Advent 2024 (01. Dezember 2024) ist Lesejahr C.
Immer die aktuelle Predigt!
Inspiration für alle Seelsorgerinnen und Seelsorger bei der Erstellung ihrer Predigten und alle Gläubigen und Interessenten!
Auch als Predigt-Vorlagen!
Herr Pfarrer Elmar Gruber hat seine Predigten immer vollkommen frei gehalten, also ohne jegliche schriftliche Unterlagen.
Die Predigten wurden von einer gläubigen Frau während der entsprechenden Gottesdienste mit Einverständnis von Pfarrer Elmar Gruber privat auf Cassette aufgenommen und danach von ihr aufgeschrieben. Sie dachte sich, jedes Wort von Elmar Gruber ist wichtig – das gehört für die Nachwelt erhalten.
Danke, Helga! Ohne Dich hätten wir diese Predigt-Schätze nicht!
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4. Fastensonntag C – 30. März 2025
Predigt von Pfarrer Elmar Gruber am 01. April 2001
Ich begrüße Sie herzlich zum 4. Fastensonntag!
Wir hören heute im Evangelium die unsterbliche „Geschichte vom verlorenen Sohn“, bzw. „vom barmherzigen Vater“. Gerade diese Geschichte zeigt uns die Andersartigkeit Gottes von der wir uns immer wieder neu ergreifen lassen müssen, damit wir eben gottförmig werden.
Wir bitten den Herrn um SEIN Erbarmen, dass uns die Botschaft von SEINER Liebe wieder neu ergreifen kann.
Wir bitten im Kyrie.
Predigt:
Liebe Schwestern und Brüder!
Der Apostel Paulus drückt in seinem zweiten Korintherbrief nochmal ganz konzentriert aus, wozu uns das Evangelium „vom barmherzigen Vater“ einlädt. Es ist in zwei Worten ausgedrückt: Eine neue Schöpfung werden, also ‚neu werden‘ mit den Worten: „Lasst Euch mit Gott versöhnen.“ Ja, Gott war es, der in Christus die Welt mit sich versöhnt hat. Und jetzt kommt es: Indem ER den Menschen seine Verfehlungen nicht anrechnet. Bei uns besteht die Schwierigkeit, sich mit diesem versöhnlichen Gott wirklich zu versöhnen. Von Gott her ist die Versöhnung immer da; aber dass wir uns mit diesem Gott auseinandersetzen und uns aussöhnen mit SEINER Barmherzigkeit, die ja unserem angeborenen Vergeltungsdenken immer wieder zuwiderläuft? Das ist die Versöhnung, die wir brauchen, die Versöhnung mit der Barmherzigkeit. Wir hören es immer wieder, in allen Gesprächen kommt das vor. Was soll das heißen? Im heutigen Evangelium ist es uns gesagt – wir sehen es im „Braven“, der alles getan hat, der nie gegen den Willen des Vaters gesündigt hat, wie der das sieht: „Jetzt kommt der da wieder, und es wird dieses Fest gefeiert.“ Man kann das Evangelium ein Leben lang immer wieder lesen, es wird einem immer etwas aufstoßen. Es wird auch immer wieder falsch aufgefasst, als ob das ein Lob der Unmoral wäre. Aber es ist nicht ein Lob der Unmoral, sondern ein Lob der Barmherzigkeit. Paulus sagt an einer anderen Stelle im Galaterbrief: „Die Werke des Gesetzes machen nicht gerecht.“ Das heißt aber nicht, dass sie nicht notwendig sind. Moral ist notwendig, damit wir überhaupt zusammenleben können. Aber das Eigentliche liegt darüber, das ist die neue Schöpfung, das neue Lebensprinzip. Und das ist nicht mehr die Vergeltung, die Strafe, sondern die Barmherzigkeit. Wenn alle Menschen barmherzig wären, dann wären sie selbstverständlich auch moralisch in Ordnung.
Können Sie sich vorstellen, dass ein barmherziger Mensch, der ergriffen ist von der Liebe Gottes, dass der ein Triebverbrecher oder ein Bankräuber werden würde? Aber was sagt hier dieses Evangelium? Das Brav Sein allein – das unbedingt notwendig und richtig ist – ist aber noch nicht das Eigentliche, was uns Christus bringen möchte und was letztlich auch der letzte Wille Gottes ist, sondern dass wir uns versöhnen mit dem allversöhnenden, allerbarmenden Gott, dass wir eines Sinnes werden. Paulus geht noch weiter. Er hat uns das Wort der Versöhnung aufgetragen, das ist unsere Aufgabe, eben dann dieses Erbarmen Gottes weiter zu tragen und den Menschen zu sagen: „Du kommst immer bei Gott an.“
Und wenn wir die Geschichte immer wieder überdenken, dann kommt auch zweierlei vor: Einmal, dass der jüngere Sohn zum Vater sagt: „Gib mir mein Geld, jetzt möchte ich auch mal leben, so wie ich glaube, dass ein richtiges Leben ausschaut – spaßorientiert, konsumorientiert und fun-orientiert usw.“ Er weiß sicher die guten Ratschläge seines Vaters, aber er sagt: „Jetzt will ich einmal selber leben.“ Und der Vater gibt ihm das Geld. Man könnte sagen, so auf breiter Spur: Letztlich muss jeder selber wissen, was er tut. Und der Vater riskiert, dass eben ein Mensch, der selber lebt, auch scheitern kann und dass viele Menschen vielleicht scheitern müssen, im Konsum, um zunächst einmal zu erkennen, wie Leben nicht geht. Ich kann hundertmal meine guten Ratschläge geben, und die Antwort ist: „Ja, ja, ist schon recht, Du bist ein alter Pfarrer, …, usw. das musst Du ja auch sagen.“
Ich muss selber leben! Wenn ich selber lebe, nehme ich das Risiko des Scheiterns auf mich, das auch Gott auf sich nimmt, dass ich irdisch gesehen scheitere als konsumorientierter Mensch, biblisch ausgedrückt Baals-Diener. Es gibt die Versuchungen, Konsum, Macht und Sensation. Und dann kann es sein, dass ich wirklich in mich gehe und dann Gott entdecke, aber erst, als ich so neben mir her gelebt habe.
„Wie gut haben es doch die Tagelöhner! Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen.“ Und jetzt kommt der zweite Höhepunkt, dieser ganz große Höhepunkt, dass der Heimkehrer zum Vater einen barmherzigen Vater trifft, keinen, der ihn bestraft und lauert, dass er ihn jetzt packen kann. Das gibt uns die Hoffnung, dass wenn viele Menschen, irdisch gesehen, im irdischen Leben diese Heimkehr nicht mehr vollziehen oder erreichen, also im verwahrlosten Leben enden, im Tod aber alle Menschen Gott begegnen. Das ist die frohe Botschaft: Im Tod begegnen alle einem barmherzigen Vater.
Ich hatte in unserer Gemeinde ein Gespräch mit der Bemerkung „Es gibt doch auch das Zu-Spät.“ Darauf sage ich: „Ja, aber das ist ein relatives Zu-Spät.“ Wenn ich am Schluss meines Lebens sehen muss, wie ich alles verpatzt habe und wie alles hätte sein können, wenn ich sozusagen mehr nach dem Prinzip Liebe hätte leben sollen und nicht nach dem Prinzip Egoismus gelebt hätte, denke ich immer an meinen Religionslehrer, den Professor Schneller im Theresien-Gymnasium, der uns immer wieder eingeschärft hat das Wort von Christian Friedrich Hebbel am Ende seines Lebens: „Der Ich-Bin grüßt trauernd den Ich-Könnte-Sein.“ Und diese Schuld sehen zu müssen, das bleibt keinem erspart. Die Spannung zwischen dem Sein-Sollenden des liebenden Menschen und dem Nicht-Sein-Sollenden, das, was beim Leben des egoistisch orientierten Menschen ist, das wird uns die Augen öffnen, aber im Angesicht des allbarmherzigen Gottes.
Und so haben wir die Hoffnung, dass dann, wenn einer dem allbarmherzigen Gott begegnet, dass dann diese Bekehrung stattfindet. Ein Zu-Spät ist also ein relatives Zu-Spät und kann dann rückwirkend aufgefangen werden in der Bekehrung, weil der Mensch eine neue Schöpfung wird als barmherziger Mensch, die eben dann in der Kraft der Liebe Gottes vollendet wird. So könnte man sagen, ein absolutes Zu-Spät wäre dann, wenn einer angesichts des allbarmherzigen Gottes verstockt bliebe. Aber wer die Sehnsucht des Menschen kennt, die Sehnsucht nach Liebe, der kann sich nicht vorstellen, dass einer, wenn er diese Liebe erfährt, nein sagt. Das ist unsere Hoffnung, die aber die Freiheit des Menschen nicht aufhebt. Man kann nur sagen: „Gott zwingt nicht.“ So bleibt die Hölle eine reale Möglichkeit, aber es kommt darauf an, ob das eine reale Tatsache ist. Die Faszination der Liebe Gottes ist einfach so stark, weil diese Faszination der Barmherzigkeit genau an dem wunden Punkt des Menschen ansetzt, an der Sehnsucht aus seiner irdisch, egoistisch unerfüllbaren Hoffnung und Erfüllung.
Ich war jetzt an Besinnungstagen mit Menschen beisammen, die einen schweren Verlust hatten – verwaiste Eltern, wo Kinder tragisch ums Leben gekommen sind oder auch durch Suizid ums Leben gekommen sind. Das eine, was den Menschen hilft und tröstet, ist, wenn ich mit der ganzen Gewissheit meines Glaubens sagen kann: „Wie immer er gestorben ist, er ist angekommen beim barmherzigen Vater.“ Sie haben es vielleicht in der Zeitung gelesen, in Holzkirchen geschah es, wo Eltern zuschauen mussten, wie ihr vierjähriges Kind, das sie sich so sehr gewünscht hatten, einen winzigen, unbewachten Augenblick in die S-Bahn läuft und schrecklich zu Tode kommt, wo der Vater zum Pfarrer sagt: „Sie müssen mir sagen, sie ist jetzt bei Gott.“ Das ist die Tröstung, das ist die Barmherzigkeit Gottes, die uns anvertraut ist zum Weitergeben und zum Weitersagen. Und das ist das Wunderbare, wenn wir den Mut haben, den barmherzigen Gott weiter zu verkünden. Da spüren wir selber SEINE Barmherzigkeit für uns am meisten und spüren auch, dass wir aus dieser Barmherzigkeit nie herausfallen können.
- Lesung: Nehemia 8, 2-4.5-6.8-10
- Lesung: 1 Korinther 12, 12-30
Evangelium: Lukas 1, 1-4;4, 14-21
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Ich begrüße Sie herzlich zum 3. Sonntag im Jahreskreis! In der Lesung weist uns der Apostel Paulus darauf hin, dass wir alle E I N E R sind, der Leib Christi, jeder mit seinen Fähigkeiten, mit seinen Gaben, die Aufgaben sind.
Im Evangelium zeigt uns Lukas sein Anliegen, warum er das Evangelium geschrieben hat und auch, was die Sendung Jesu eigentlich ist.
Predigt:
Liebe Schwestern und Brüder!
Das Evangelium heute greift eine schwierige Situation auf, die wir gerade in unserer Zeit wieder vorfinden:
Woher bekommen wir die Gewissheiten unseres Glaubens? Wo finden wir sie? Wir werden feststellen, dass wir, die wir noch Vorstellungen haben wie vor fünfzig Jahren, umdenken müssen, um die eigentliche Botschaft, das Eigentliche, was Jesus gebracht hat, nicht zu verlieren.
Es geht hier um die historische Zuverlässigkeit der Berichte über das Leben Jesu. Da sagt uns die heutige Wissenschaft, dass wir über die praktisch historische Zuverlässigkeit im Neuen Testament nichts finden. Wie ich im Studium war, da war die große Problematik, ob es Jesus überhaupt gegeben hat, ob wir nicht nur den Jesus des Glaubens, den literarischen Jesus haben; das ist überwunden. An der historischen Wirklichkeit Jesu zweifelt heute niemand.
Aber, wer war dieser Jesus?
Historisch gesehen war ER wohl mehr als nur dieser Ausschnitt, den uns die Evangelien zeigen.
Die Sprachforscher, die aramäisch, jüdisch, hebräisch beherrschen, die sagen, das Thomasevangelium ist eines der ältesten Schriften, es zeigt uns Jesus als Weisheitslehrer, der in Sequenzen, in Versen gesprochen hat, die man auswendig lernen kann, damit SEINE Jünger SEINE Lehre weitergeben können.
Als ich vor ca. dreißig Jahren den Auftrag bekam, diese neuen biblischen Ergebnisse der Lehrerschaft, die Religionsunterricht geben, zu vermitteln, war das äußerst schwierig.
„Ja, wenn das alles nicht mehr stimmt, wenn das Jesus nicht wortwörtlich gesagt hat, ja dann geben wir keinen Religionsunterricht, keinen Bibelunterricht mehr. “
In meiner Kinderzeit hat man noch gelernt, dass den Jonas der Walfisch gefressen und dann wieder ausgespuckt hat. Das ist mir zum Verhängnis geworden, weil ich das so nicht glauben konnte, dass Jonas, der im Bauch des Walfisches war, das Beten angefangen hat. Doch mir hat der Religionslehrer – ich habe ihm längst verziehen – gesagt: „Das musst Du glauben, das ist Wort Gottes. Wenn Du das nicht glaubst, dass der Walfisch den Jonas gefressen hat und dass der im Bauch gebetet hat und dann nach drei Tagen wieder ans Land kam, dann hast Du eine Todsünde.“
Ich habe es immer wieder gebeichtet, weil ich den Jonas nicht glauben konnte. Dann habe ich im Lexikon auch noch gelesen, dass der Walfisch so einen engen Schlund hat wie ein Mensch, dass da kleine Krebse durchgehen können, aber nie ein unzerkleinerter Prophet.
Und der Beichtvater hat gesagt: „Wenn Du das nicht glaubst, kann ich Dir nicht mehr die Absolution erteilen“ (in welchen Zwängen muss der gewesen sein). Das war für mich Verdammung; ich habe den Jonas nicht glauben können.
Dass das eine Lehrgeschichte ist, wo man sagen muss: Stell dir das mal vor, da musste ein Prophet lernen, dass Gott die Leviten auch mag, dass ER jeden mag, der sich bekehrt und liebend wird, bildlich gesprochen, dass er einen Prozess durchmacht, verschlungen wird, dann in die Finsternis, ins Unheil kommt, bis er dann geläutert durch diese Prozesse kapiert, dass Gott die Liebe ist – eine wunderbare Geschichte.
Ein Kurskollege von mir hat seine Probekatechese gehalten über den Jonas und hat in diesem Sinn gesprochen, und das war vor 40 Jahren. Dann haben die Professoren einen Rat abgehalten, ob man ihn als Ungläubigen entlassen müsste. Aber er ist heute noch ein sehr aufgeschlossener Priester und Pfarrer.
Und so ist es heute das Eigentliche, das Tiefe, das Innere, das Unvergängliche, das uns in diesen Sinngestalten nahegebracht wird. Wenn uns das aufgeht, dann ist es nicht mehr wichtig, ob es genauso historisch geschehen ist wie es da steht.
Und jetzt kommt Einer und sagt, bei Lukas steht doch genau: „Ich habe mich entschlossen, allem von Anfang an nachzuforschen, um es der Reihe nach aufzuschreiben, und so kannst du dich auf mich verlassen.“ Es waren Überlieferungsstücke, Erzählungen, Erinnerungen, und jeder, der ein Buch schreibt, der braucht eine Gliederung, wie er alles zusammenbaut, damit der Leser möglichst gut auf das Eigentliche kommt.
Und was aber Lukas zeigen möchte, geschieht im Innern des Sprachlichen, wo der Prophet sagt: „Er hat mich gesandt, um den Armen die Heilsbotschaft zu bringen, um den Gefangenen (das sind die Eingesperrten, die mit sich und anderen innerlich und äußerlich Eingesperrten) die Freiheit zu bringen, den Blinden das Augenlicht (der Durchblicke eröffnet, der Zusammenhänge vermittelt, der möglich macht, alles einzuordnen, der es möglich macht, mit seinem Leben mit den vielen Rätseln zu leben und umzugehen und einfach, der die Zerschlagenen, die Kaputten wieder richtet, repariert).“ Das will er zeigen.
Man hat auch zur Zeit Jesu gedacht, der Messias müsste politisch sein, wie David, so wie David es für kurze Zeit fertiggebracht hat, ein Friedensreich aufzubauen. Jesus soll die Römer vertreiben, ER soll die Herrschaft, das Etablissement der Schriftgelehrten und Pharisäer, durchbrechen. Auf dieser Ebene, irdisch gesehen, ist Jesus total gescheitert. Und nun sagen heute auch die Wissenschaftler, wollte man die Glaubensgewissheit auf historische Daten festlegen, dann würde das Christentum das dritte Jahrtausend nicht überstehen. Würde man nicht sozusagen die inneren Wirklichkeiten, das, was Jesus uns bedeutet, das Unvergängliche in die Gegenwart bringen, dann könnte es uns im Leben auch nicht mehr tragen. Dann sind wir dauernd mit unserem Glauben dem Streit der Wissenschaftler ausgesetzt, die heute das reden und morgen was Anderes, dann muss man sich in einem Jahr ein paarmal umstellen.
So kommt jetzt ein Wort – da ist das Entscheidende drin, wenn Lukas schreibt:
„Jesus kehrte von der Kraft des Geistes erfüllt zurück.“
Das ist SEINE innere Erfüllung mit Gott, mit der Botschaft von der Liebe Gottes. Und so zeigt uns gerade Lukas Jesus als den Heiland der Armen, der in der Kraft der Liebe verbindet und offenbar macht, wie die Menschen befreit und erlöst werden können.
Wenn wir die frohe Botschaft als Lebenskraft erfahren wollen, als eine Kraft, die uns im Leben trägt, auch wenn äußerlich alles schiefgeht, die uns trägt in der Krankheit, durch die Krankheit, in der Armut und in unserer Schuld, in unserer Zerrissenheit, unserer Schwachheit, wenn das aufgeht, in unserem ganzen Bewusstsein aufgeht, dann trägt es unser Leben.
Nun kommen wir wieder auf das, worum wir uns ja dauernd bemühen:
Gott liebt dich immer, bedingungslos, unverlierbar, und die Anderen auch.
Und das ist die Fülle der Zeit, die Erfüllung unserer Sehnsucht, die auch, wie Augustinus sagt, als unerfüllte Sehnsucht in jedem Menschen verborgen ist. Das, wonach du dich sehnst, das gab es immer und das gibt es, und darum ist Gott Mensch geworden, damit das ganz menschlich sichtbar und erfahrbar wird.
Hängt euch doch nicht fest an dem Äußeren, das sind Vorstellungshilfen, damit das Innere aufgehen kann und euch tragen kann; das ist eben Mystik. Und das meint das viel zitierte Wort von Karl Rahner: „Der Christ der Zukunft wird Mystiker sein oder er wird nicht mehr sein.“
So versteht es auch Jesus, er zitiert Jesaja: „Er hat mich gesandt, um den Armen die Heilsbotschaft zu bringen.“ Und wenn Jesus sagt, das ist heute in Erfüllung gegangen, das mag vielleicht anmaßend klingen, aber es heißt, IHM ist bewusst, das, was ER zu bringen hat, ist kein menschliches Fabrikat, sondern das ist IHM gegeben, das ist die Kraft des Geistes.
„Der Geist des Herrn ruht auf IHM“, d.h., was ich euch sage, das ist mein Auftrag. Und so müsste eigentlich jedem Religionslehrer, Priester, Pfarrer bewusst sein, dass er nicht seine eigenen Aggressionen oder Probleme auszuschütten hat, wenn er von Gott redet, sondern dass er das, was der Geist durch Jesus geoffenbart hat, zu vermitteln hat so gut es geht, so dass ich ganz ehrlich sagen müsste, ich will ja nicht meine Weisheit vortragen, sondern das, wovon ich sagen kann, das trägt mein Leben, ich bin davon überzeugt. Dann kommt der Einzelne dazu, der aus seiner Lebenserfahrung heraus sagen kann, so wie Paulus einfach sagt: „Ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch überliefert habe“ – es ist nicht mein Gebilde, was ich weitergebe.
Dass das sichtbar wird, dass es nicht so schwierig ist, ein kleines Beispiel:
Es ist ein Beispiel, wie eine Legende tiefste Wahrheit enthält. Mir hat bei einer Tagung jemand erzählt von einer Weihnachtspredigt. Eine ganz kurze Geschichte, in der alles gesagt ist, was Jesus bringt. Das ist die Geschichte, die Geschichte vom Wolf, der das Jesuskind fressen wollte:
Es ist die Heilige Nacht auf den Fluren von Bethlehem: Die Herrlichkeit des Herrn strahlt auf sie, und der Wolf kommt wie jede Nacht zur Herde und holt sich ein Lämmlein, so als Nachtessen. Und dann ist der Wolf jetzt da auf den Fluren von Bethlehem, und dann fragt er sich, was ist denn da heute los? Was ist da für eine Aufregung, und er horcht und er horcht, bis er hört von einem Kind, von einem neugeborenen Kind. Er denkt, uih, ein neugeborenes Kind, das wäre mal was Anderes als immer die langweiligen Lämmer. Das Kind im Stall hole ich mir. Und dann schleicht er sich wieder zurück, und wie es finster und ruhig ist, schleicht er sich an den Stall heran und alle schnarchen und schlafen schon. Nur vom Kind hört er noch einen Krächzer, das Kind ist also noch wach. Er wartet noch ein bisschen, und dann geht er an die Krippe hin und denkt: Ah, jetzt hab‘ ich’s! Er streckt seinen Kopf und macht sein Maul auf, und dann –
streichelt das Kind seine Schnauze und krault ihn hinten am Kopf. Und auf einmal kann er das Kind nicht mehr fressen.
Und noch etwas geht in ihm vor, er merkt auf einmal wie sein Fell aufspringt, sein Wolfsfell zerreißt. Dann fällt ihm das ganze Fell ab, und dann steht da -der Mensch.
Der Pfarrer hat diese Geschichte als Weihnachtslegende gebracht, und die, die dabei war, hat mir erzählt, die Leute waren mäuschenstill. Kein Wort hat er sonst gesagt, weil jeder sieht in diesem Bild die tiefe Wahrheit, wie das Wolfshafte, die Aggressionen und das alles abfällt und wie durch diese Liebe, durch die bedingungslose Liebe, der Mensch zum Menschen wird.
So gibt es diese vielen, vielen Möglichkeiten zum Aufmerksam-Machen auf das Eigentliche, was sich in Jesus erfüllt hat, in der Geschichte, weil gerade das, was IHN erfüllt hat, der Geist Gottes durch IHN in unsere Welt unverlierbar über historische Vergänglichkeiten eingegangen ist.
GOTT GEHT MIT, WORAUF DU DICH VERLASSEN KANNST!