VORWORT
IDEAL IN DEN ZEITEN DES UKRAINE-KRIEGS, DES KLIMAWANDELS – DIESE WORTE GEBEN KRAFT UND HOFFNUNG!
VERKÜNDIGUNG VON GOTTES WORT DURCH DIE PREDIGTEN DES HOFFNUNG GEBENDEN PFARRERS ELMAR GRUBER
Predigten zu den Sonn- und Feiertagen nach Lesejahren A / B / C – seit dem 1. Advent 2025 (30. November 2025) ist Lesejahr A.
Immer die aktuelle Predigt!
Inspiration für alle Seelsorgerinnen und Seelsorger bei der Erstellung ihrer Predigten und alle Gläubigen und Interessenten!
Auch als Predigt-Vorlagen!
Herr Pfarrer Elmar Gruber hat seine Predigten immer vollkommen frei gehalten, also ohne jegliche schriftliche Unterlagen.
Die Predigten wurden von einer gläubigen Frau während der entsprechenden Gottesdienste mit Einverständnis von Pfarrer Elmar Gruber privat auf Cassette aufgenommen und danach von ihr aufgeschrieben. Sie dachte sich, jedes Wort von Elmar Gruber ist wichtig – das gehört für die Nachwelt erhalten.
Danke, Helga! Ohne Dich hätten wir diese Predigt-Schätze nicht!
* * *
Heilige Nacht A – 24. Dezember 2025
Predigt von Pfarrer Elmar Gruber am 24. Dezember 1990
1. Lesung: Jes 9, 1-6:
„Ein Sohn ist uns geschenkt; man nennt ihn: Fürst des Friedens.“
2. Lesung Tit 2, 11-14:
„Die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten.“
Evangelium Lk 2, 1-14:
„Heute ist Euch der Retter geboren.“
Predigt
Liebe Schwestern und Brüder, geliebte Menschen!
Wir sind wieder zusammengekommen, um Weihnachten zu feiern. Wir haben die vertraute Botschaft der Heiligen Nacht gehört. Wir singen Weihnachtslieder. Wir stehen an der Krippe. Wir freuen uns am Christbaum. Die Freude ist ein bedeutendes Element von Weihnachten. Die Weihnachtsfreude suchen eigentlich alle Menschen, auch die, die nicht in die Kirche gehen.
Aber wie kommt die Freude in uns hinein? Ich glaube, ein Erlebnis aus dem Kindergarten kann zeigen, was wir suchen. Ein vierjähriges Kind, schwer erziehbar, verhaltensgestört, sitzt so da und schaut mit seinem verstörten Blick seine Erzieherin groß an. Dann sagt die Erzieherin zu ihm: „DU BIST MEIN HEIßER TYP!“ Plötzlich passiert mit dem Kind etwas, es ist aufgeregt und voller Freude: „Ich bin Dein heißer Typ, ich bin Dein heißer Typ.“ Es ist direkt ein Weihnachtswunder geschehen. Das Kind war schwer sprachgestört. Und auf einmal kann es reden – nicht fließend, aber immerhin, es ist zu Wort gekommen, es hat sich zur Sprache bringen können, weil es ein heißer Typ war. Aber sofort kam ein Problem dazu. Alle Anderen wollten auch heiße Typen sein.
Ja, ihr seid alle heiße Typen! Das ist Weihnachten! Gott wird Mensch, das klingt nur so wahnsinnig theologisch, so fremd. Aber was soll der Mensch an der Krippe erfahren? Dass Gott den Menschen annimmt, dass er ein „heißer Typ“ ist. Und jetzt kommt auch hier die Schwierigkeit: Jeder Mensch ist ein heißer Typ Gottes! Und zwar jeder Mensch, ob mit Trauschein oder nicht, ob der Taufschein stimmt oder nicht, ob einer ein Verbrecher ist oder nicht, völlig gleich-gültig, jeder Mensch ist ein Geliebter Gottes. Und da haben wir unsere Probleme. Es ist halt immer wieder so schwer, dass der andere Mensch auch ein heißer Typ ist, dass ER den Anderen auch liebt, auch meinen Feind.
Das betrifft unsere ganz persönlichsten, menschlichen und intimsten Probleme, wie auch die großen Probleme der Weltpolitik. Man müsste die Politiker, man müsste sie alle an die Krippe bringen und sagen: „IHR SEID ALLE HEIßE TYPEN DES EINEN GOTTES.“ Kannst Du dann noch Krieg führen, einen heiligen Krieg führen, gegen andere Menschen, die ER auch liebt? Das wäre die Botschaft der Heiligen Nacht im Kleinen wie im Großen.
Und dann kann es uns doch auch ergreifen, was wir in „Stille Nacht“ singen: „Gottes Sohn, o wie lacht, lieb aus Deinem göttlichen Mund …“ – für mich ohne Bedingung, aber auch für jeden anderen Menschen.
Weihnachten A – 25. Dezember 2025
Predigt von Pfarrer Elmar Gruber am 25. Dezember 1992
1. Lesung Jes 62, 11-12: „Sieh her, jetzt kommt deine Rettung.“
2. Lesung Tit 3, 4-7: „Gott hat uns gerettet aufgrund seines Erbarmens.“
Evangelium Lk 2, 15-20: „Die Hirten fanden Maria und Josef und das Kind.“
Ich begrüße Sie herzlich zur Feier des hohen Weihnachtsfestes! Wir hören und hören wieder die Botschaft vom Frieden und von der Liebe.
Aber es ist wohl auch immer wieder unsere Schuld, wenn diese Botschaft bei uns und in uns zu wenig ankommt. Vielleicht wollen wir sie oft auch gar nicht hören, weil sie Konsequenzen für uns hat.
Predigt
Liebe Schwestern und Brüder!
Wir hören wieder die Weihnachtsbotschaft. In diesem kurzen Text ist unser ganzer christlicher Glaube ein-geborgen und das, was die Religion ausmacht. So wollen wir sie auch ein paar Minuten in unseren Herzen bewegen und darüber nachdenken.
Wir Älteren kennen noch die Übersetzung, die vom Lateinischen herkommt: „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Friede den Menschen, die guten Willens sind.“ Da steckt natürlich alles drinnen. Aber genauer haben wir es in der Übersetzung nach dem ursprünglichen Text, der eigentlich schon aus dem Hebräischen, aus dem Tempelkult, kommt: „Verherrlicht ist Gott in der Höhe, und auf Erden ist Frieden bei den Menschen SEINER Gnade.“ Das ist ein bisschen schwieriger zu verstehen, aber es führt uns noch mehr in die Tiefe. Die Herrlichkeit Gottes in der Höhe – verherrlicht ist hier auf Erden der Gott in der Höhe, und das bedeutet Frieden bei den Menschen SEINER Gnade. Wenn wir das Wort Frieden hören in unserer Zeit, in unserem persönlichen Lebensbereich, in unserer Gesellschaft und auf der Welt, dann kommen natürlich sofort Fragezeichen über Fragezeichen. Wo ist denn der Friede? Wo hat ER ihn denn gebracht? Ich möchte dazu kurz sagen, das, was man ganz einfach zeigen kann: Den Frieden gibt es eigentlich gar nicht. Es gibt nur die Frieden, Friede im Plural. Der Friede auf Erden ist die ‚Summe oder die Einheit der Frieden der einzelnen Menschen‘.
Der Friede auf Erden kommt nur über den Frieden der Einzelnen, deren Herz die Liebe öffnet. Wie kommt nun der Friede der Einzelnen zustande? Wir beobachten gerade an Weihnachten, wie stark da der Unfriede entsteht, wie gereizt und reizbar gerade an Festzeiten, gerade an Weihnachten, die Menschen sind, wo ein kleines Wort schon den ganzen Unfrieden in einer Familie auslösen kann. Wenn wir dann sehen, wie der Hass auch in unserer Zeit zunimmt zwischen den Menschen – Kindesmisshandlungen, Missbrauch von Kindern, aber auch umgekehrt! Was auch in erschreckender Weise zunimmt, sind die Misshandlungen der Kinder an ihren Eltern, wie sadistisch Kinder ihre Eltern quälen können. Es wird nur nicht davon gesprochen, weil es peinlich ist für die Eltern zu sagen, dass die Kinder sie quälen.
Schauen wir noch einmal genau in uns hinein. Wie ist das, wenn der Hass entsteht, wenn ich mich ärgern muss? Ich muss von mir selber reden, dass Leute mich ansprechen in einer Weise, die einfach so reizt, dass einem die Wut kommt. Ich will es nicht, und sie kommt doch. Es hat ein Lied gegeben: “Hassen, hassen, ich kann’s nicht lassen, hassen, hassen, hassen müssen. Der Hass muss hassen.“ Wir wollen doch alle den Frieden. Aber was geschieht dann irgendwie wieder, dass ich hassen muss? Kinder können das ganz deutlich sagen, wenn sie etwas angestellt haben. Und man stellt sie zur Rede. Sie sagen dann: „Ja, ich habe es gar nicht gewollt, aber ich habe das irgendwie tun müssen.“
Wenn ich sage, dass Du nicht hassen sollst, dann ist das schön, aber wenn ich es nicht kann? Da sehen wir, dass uns die Friedenskraft (theologisch nennen wir dieses „Müssen“, dieses „Böse-Sein-Müssen“, die Erbsünde), die Liebe, fehlt. Auf der anderen Seite sehen wir auch, was der Mensch alles fertigbringt, wenn er in der Phase des Verliebt-Seins ist. Aber wie schnell ist das Verliebt-Sein zu Ende, wenn die Eifersucht, die Enttäuschung oder die Untreue kommt? Da kann man schon die Gebote verstehen: „Du musst treu sein in guten und in bösen Tagen“. „Du darfst nicht in eine Ehe einbrechen“. Das ist alles schön gesagt, aber wo die Kraft hernehmen? Ich muss einsehen: Diese Kraft muss ich empfangen. Was kann ich tun? Ich muss zu dieser Friedenskraft hingehen und mich anstecken, wie man ein Elektrogerät ansteckt. Hier in der Krippe ist die Steckdose. Das ist die Herrlichkeit Gottes auf Erden. Hier wird offenbar diese absolute, unbedingte Liebe zu allen Menschen – das sind die Menschen SEINER Gnade, das heißt, dass ‚Frieden ist bei den Menschen, die total in der Liebe Gottes stehen‘. An der Liebe Gottes fehlt es nicht, es fehlt immer nur am Menschen, dass die Liebe reinkommt, dass der Mensch angesteckt ist an dieser Liebe. Da sehen wir auch schon, wie wir immer wieder Einschränkungen machen und wie wichtig es ist, dass wir dieses Gottesbild haben: Dass ER die Menschen bedingungslos liebt. Wenn ER bloß die Braven liebt, dann ist es ja nicht bedingungslos. Es stehen aber alle in SEINER Gnade: Die Menschen SEINER Gnade sind alle.
Ich werde öfter auch gefragt von besorgten Menschen um Verstorbene, die nicht im Glauben gestorben sind, wenn wir für die Verstorbenen beten: „Die in Deiner Gnade aus dieser Welt geschieden sind.“ Ja, und die anderen Menschen? Es scheiden alle in der Gnade Gottes aus dieser Welt, und wir beten für sie.
Das ist die Frohe Botschaft der Weihnacht, die uns alle angeht und herausfordert, friedlich zu werden, zufrieden zu werden und eben als Menschen, die den Frieden haben, den Frieden in die Welt zu bringen, weil wir angesteckt sind an der Quelle, an der Steckdose des Friedens. Mir liegt sehr daran, dass wir alle, und besonders die Kinder, ans Christkind glauben. Vor zwanzig Jahren habe ich viele solche Vorträge gehalten über den Christkind-Glauben. Es war da so üblich geworden, dass man aufgeklärt ist und die Kinder vor dieser „Lüge“ bewahrt. In Altbaiern hat man gewusst, dass man das nicht darf. Man muss den Kindern den Christkind-Glauben lassen. Ich sage, man muss ihn ihnen sogar geben, aber man darf keinen Unfug damit machen. Ich bekam einmal einen Anruf von einem Fünfjährigen. Er sagte ganz bestürzt: „So, jetzt bin ich darauf gekommen, wer das Christkind ist.“ Da fragte ich: „Ja, wer denn?“ „Ja, der Papa!“ Dann sagte ich: “Der Papa ist doch nicht das Christkind! Kein Mensch kann so gut sein, dass er das Christkind ist. Du bist darauf gekommen, wer das Christkind wirklich ist, denn das Christkind, Gott, der da Kind geworden ist, der gibt dem Papa die Liebe und die Kraft und die Freude, dass er alles herrichtet und dass er dieses Fest feiern kann.“ Weiter sagte ich: „Ich habe auch viele Geschenke bekommen von Menschen. Aber das ist alles vom Christkind, wenn es mir auch durch die Menschen geschenkt wurde.“ Zuerst einmal war Stille am anderen Ende. Und dann kam ein tiefer Seufzer: „Ach so!“ Ich bin gespannt, wie er seinen Geschwistern und Altersgenossen erklärt (weil er jetzt ja darauf gekommen ist), wer das Christkind wirklich ist.
Ich könnte mir nur wünschen, dass wir auch immer wieder neu darauf kommen, wer das Christkind wirklich ist. Friede auf Erden ist bei den Menschen SEINER Gnade!
2. Weihnachtstag- Stephanustag A – 26. Dezember 2025
Predigt von Pfarrer Elmar Gruber am 26. Dezember 1992
Lesung: Apg 6, 8-10; 7,54-60: „Ich sehe den Himmel offen.“
Evangelium: Mt 10,17-22: „Nicht Ihr werdet dann reden, sondern der Geist Eures Vaters wird durch Euch reden.“
Ich begrüße Sie herzlich zur Feier des Stephanus-Festes! Die heutigen heiligen Texte wirken zur Weihnachtsbotschaft von gestern wie eine kalte Dusche. Weihnachten zeigt uns, dass Christus gekommen ist und wer Christus ist. Das heutige Fest zeigt uns, was ein Christ ist: Ein Mensch, in dem Christus Gestalt annimmt.
Predigt
Liebe Schwestern und Brüder!
Stephanus und die heiligen Texte zeigen uns, was ein Christ ist, wie es einem Christen geht, wovon ein Christ lebt und womit er den Tod besteht. Wir Menschen brauchen alle eine Bestätigung, ein Echo, den Dialog. Wenn ein Mensch die Frohe Botschaft, die Freude, in sich hat, dann treibt ihn das zu den Menschen hin; er muss es weitersagen. Aber was erlebt er für ein Echo? Einerseits Begeisterung und andererseits Hass. Was erlebt Jesus, ER, der die Verkörperung der frohen Botschaft ist, ER, der die bedingungslose Liebe Gottes zu allen Menschen bringt? ER erlebt die Doppelreaktion oft von denselben Menschen: Hosanna – und ans Kreuz mit IHM! Das ist das Eigenartige, wenn die Frohe Botschaft auf den Menschen trifft, dann beobachten wir, dass die Menschen Schwierigkeiten haben, sich dieser universalen Liebe hinzugeben. Sie brauchen und machen daraus wieder Gruppierungen, Doktrinen, Ideologien. Die Wahrheit von Gott ist keine Lehre, die Wahrheit von Gott ist Liebe, eine lebendige Wirklichkeit, die überall akut ist.
Natürlich braucht es die Lehre, um sich zu verständigen. Und auch die Dogmatik hat ihre Bedeutung für die Einheit. Aber das Wesen der kirchlichen Wahrheit, das Wesen der Kirche, ist nicht Dogmatik, sondern Liebe, die nicht ausgrenzt. Da beobachten wir auch heute in der Katholischen Kirche die Sektenbewegungen, das heißt, das Bedürfnis der Menschen, sich auszugrenzen und abzugrenzen, das aus dem Bedürfnis der Macht und des Rechthaben-Wollens kommt. Wir haben die wahre Lehre. Und im Namen der wahren Lehre werden dann wieder Kriege im Großen wie im Kleinen angezettelt. Man meint, wenn man die wahre Lehre hat, hat man auch das Recht, mit aller Macht diese Lehre durchzusetzen. Wir kennen das: Es ist die Tragik der Kirchengeschichte, die heiligen Kriege, die Kreuzzüge, die Inquisition. Wir beobachten das akut in der Gegenwart, im Islam. Die wahre Lehre, die der ganzen Welt Frieden bringt, soll damit Feuer und Schwert ausgebreitet werden? Das ist die Tragik, wenn die Frohe Botschaft auf den Menschen trifft; aber der Mensch eben noch nicht fähig ist zur Freiheit und zur Offenheit, zu der Gott uns einlädt.
Einer, der das theologisch bis ins Letzte durchdacht hat, war Karl Rahner. Er sagte einmal: „Sie können alle Dogmen vernachlässigen, wenn Sie am Dogma der Nächstenliebe festhalten.“ Das heißt, dass ich den Andersdenkenden nicht verurteilen muss, dass ich sagen kann: Gott liebt IHN auch. Das Schicksal des Christen ist, dass er letztlich allein steht mit seinem Gott und mit seiner Gottesbeziehung. Ich denke mir oft: Woher kommt es, dass die Sektenbildung so stark ist und dass Menschen, die oft von der Kirche gar nicht begeistert sind, auf einmal aktiv werden, wenn sie in einer Sekte oder sektenartigen Gruppen sind? Meine Erklärung ist, dass es dem Menschen leichter fällt, sich mit einer Gruppe zu identifizieren als sich unmittelbar mit Christus zu identifizieren. Er kämpft dann für die Gruppe und übersieht dabei, dass er eigentlich das christliche Anliegen immer mehr verliert. Wir brauchen die Gruppe, aber das, wovon wir leben, ist nicht die Gruppe, sondern ist Christus, den wir in der Gruppe erleben können. Auch ich brauche die Gruppe. Ich bin dankbar, dass es Sie gibt, dass Sie da sind, dass wir uns versammeln können. Es hat einmal Einer zu mir gesagt: „Du tätest Dich anschauen, wenn da vorne Du alleinstehen würdest.“ So sind wir mitsammen da. Aber unser Bemühen ist, dass wir in unserer Gemeinschaft auch diese Gemeinschaft spüren, aber eben immer wieder neu in Wort und Sakrament, damit wir leben. Das ist das Eigentliche, was die Kirche ausmacht.
Für Ideologien kann man sterben. Es gibt auch die Marxisten, die für ihre Ideologie sterben. Im Dritten Reich gab es die Märtyrer auch, die für die nationalsozialistische Idee, „am deutschen Wesen soll die Welt genesen“, in den Tod gegangen sind. Für eine Ideologie sterben oder für eine Dogmatik sterben, das ist etwas anderes als für Christus sterben, der die Liebe ist, die nicht verurteilt. Diese Kraft Gottes, diese göttliche Liebe, wird ja gerade dadurch sichtbar, dass ein Mensch aushalten kann bis zum Letzten, dass ein Mensch sich eigentlich nicht selbst verteidigen muss, sondern dass ein Mensch einfach diese Sicherheit des Geliebt-Seins von Gott ausstrahlt und dann den Tod besteht. Gerade an diesem Punkt wird diese göttliche Kraft sichtbar, die auch noch für die, die den Tod bereiten, betet, weil er keinen Hass auf die haben muss, die ihn verfolgen.
So kommen wir schließlich zu dem, wovon der Christ lebt: Aus einer starken, persönlichen Christusbeziehung, aus der er die Lebensfreude täglich neu bezieht, dort, wo er gerade steht. Das braucht einmal das Bemühen des Fastens, Feierns und Betens – wir tun es ja immer. Wir sind immer beisammen, aber miteinander kann man sich im Grunde genommen erst freuen, wenn man die Fähigkeit hat, sich an allen Zeichen der Liebe Gottes zu freuen. Dann werden wir auch un-enttäuschbar, wenn Menschen versagen. Wenn wir von Anderen etwas erwarten, was wir nicht bekommen, dann macht uns das nicht traurig.
Sich freuen können, an dem, was man hat! Die Freude am Herrn ist unsere Kraft. Sie macht unser Christ-Sein aus und gibt uns auch die Kraft, den Tod zu bestehen, so wie ihn in unserer Zeit jeder zu bestehen hat. Denken wir auch an diese Kraft, wenn wir bei der Eucharistiefeier sagen: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir“. Das ist der Punkt, wo die universale Liebe, die bedingungslose Liebe zu allen Menschen, Gott, offenbar wird.
- Lesung: Nehemia 8, 2-4.5-6.8-10
- Lesung: 1 Korinther 12, 12-30
Evangelium: Lukas 1, 1-4;4, 14-21
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Ich begrüße Sie herzlich zum 3. Sonntag im Jahreskreis! In der Lesung weist uns der Apostel Paulus darauf hin, dass wir alle E I N E R sind, der Leib Christi, jeder mit seinen Fähigkeiten, mit seinen Gaben, die Aufgaben sind.
Im Evangelium zeigt uns Lukas sein Anliegen, warum er das Evangelium geschrieben hat und auch, was die Sendung Jesu eigentlich ist.
Predigt:
Liebe Schwestern und Brüder!
Das Evangelium heute greift eine schwierige Situation auf, die wir gerade in unserer Zeit wieder vorfinden:
Woher bekommen wir die Gewissheiten unseres Glaubens? Wo finden wir sie? Wir werden feststellen, dass wir, die wir noch Vorstellungen haben wie vor fünfzig Jahren, umdenken müssen, um die eigentliche Botschaft, das Eigentliche, was Jesus gebracht hat, nicht zu verlieren.
Es geht hier um die historische Zuverlässigkeit der Berichte über das Leben Jesu. Da sagt uns die heutige Wissenschaft, dass wir über die praktisch historische Zuverlässigkeit im Neuen Testament nichts finden. Wie ich im Studium war, da war die große Problematik, ob es Jesus überhaupt gegeben hat, ob wir nicht nur den Jesus des Glaubens, den literarischen Jesus haben; das ist überwunden. An der historischen Wirklichkeit Jesu zweifelt heute niemand.
Aber, wer war dieser Jesus?
Historisch gesehen war ER wohl mehr als nur dieser Ausschnitt, den uns die Evangelien zeigen.
Die Sprachforscher, die aramäisch, jüdisch, hebräisch beherrschen, die sagen, das Thomasevangelium ist eines der ältesten Schriften, es zeigt uns Jesus als Weisheitslehrer, der in Sequenzen, in Versen gesprochen hat, die man auswendig lernen kann, damit SEINE Jünger SEINE Lehre weitergeben können.
Als ich vor ca. dreißig Jahren den Auftrag bekam, diese neuen biblischen Ergebnisse der Lehrerschaft, die Religionsunterricht geben, zu vermitteln, war das äußerst schwierig.
„Ja, wenn das alles nicht mehr stimmt, wenn das Jesus nicht wortwörtlich gesagt hat, ja dann geben wir keinen Religionsunterricht, keinen Bibelunterricht mehr. “
In meiner Kinderzeit hat man noch gelernt, dass den Jonas der Walfisch gefressen und dann wieder ausgespuckt hat. Das ist mir zum Verhängnis geworden, weil ich das so nicht glauben konnte, dass Jonas, der im Bauch des Walfisches war, das Beten angefangen hat. Doch mir hat der Religionslehrer – ich habe ihm längst verziehen – gesagt: „Das musst Du glauben, das ist Wort Gottes. Wenn Du das nicht glaubst, dass der Walfisch den Jonas gefressen hat und dass der im Bauch gebetet hat und dann nach drei Tagen wieder ans Land kam, dann hast Du eine Todsünde.“
Ich habe es immer wieder gebeichtet, weil ich den Jonas nicht glauben konnte. Dann habe ich im Lexikon auch noch gelesen, dass der Walfisch so einen engen Schlund hat wie ein Mensch, dass da kleine Krebse durchgehen können, aber nie ein unzerkleinerter Prophet.
Und der Beichtvater hat gesagt: „Wenn Du das nicht glaubst, kann ich Dir nicht mehr die Absolution erteilen“ (in welchen Zwängen muss der gewesen sein). Das war für mich Verdammung; ich habe den Jonas nicht glauben können.
Dass das eine Lehrgeschichte ist, wo man sagen muss: Stell dir das mal vor, da musste ein Prophet lernen, dass Gott die Leviten auch mag, dass ER jeden mag, der sich bekehrt und liebend wird, bildlich gesprochen, dass er einen Prozess durchmacht, verschlungen wird, dann in die Finsternis, ins Unheil kommt, bis er dann geläutert durch diese Prozesse kapiert, dass Gott die Liebe ist – eine wunderbare Geschichte.
Ein Kurskollege von mir hat seine Probekatechese gehalten über den Jonas und hat in diesem Sinn gesprochen, und das war vor 40 Jahren. Dann haben die Professoren einen Rat abgehalten, ob man ihn als Ungläubigen entlassen müsste. Aber er ist heute noch ein sehr aufgeschlossener Priester und Pfarrer.
Und so ist es heute das Eigentliche, das Tiefe, das Innere, das Unvergängliche, das uns in diesen Sinngestalten nahegebracht wird. Wenn uns das aufgeht, dann ist es nicht mehr wichtig, ob es genauso historisch geschehen ist wie es da steht.
Und jetzt kommt Einer und sagt, bei Lukas steht doch genau: „Ich habe mich entschlossen, allem von Anfang an nachzuforschen, um es der Reihe nach aufzuschreiben, und so kannst du dich auf mich verlassen.“ Es waren Überlieferungsstücke, Erzählungen, Erinnerungen, und jeder, der ein Buch schreibt, der braucht eine Gliederung, wie er alles zusammenbaut, damit der Leser möglichst gut auf das Eigentliche kommt.
Und was aber Lukas zeigen möchte, geschieht im Innern des Sprachlichen, wo der Prophet sagt: „Er hat mich gesandt, um den Armen die Heilsbotschaft zu bringen, um den Gefangenen (das sind die Eingesperrten, die mit sich und anderen innerlich und äußerlich Eingesperrten) die Freiheit zu bringen, den Blinden das Augenlicht (der Durchblicke eröffnet, der Zusammenhänge vermittelt, der möglich macht, alles einzuordnen, der es möglich macht, mit seinem Leben mit den vielen Rätseln zu leben und umzugehen und einfach, der die Zerschlagenen, die Kaputten wieder richtet, repariert).“ Das will er zeigen.
Man hat auch zur Zeit Jesu gedacht, der Messias müsste politisch sein, wie David, so wie David es für kurze Zeit fertiggebracht hat, ein Friedensreich aufzubauen. Jesus soll die Römer vertreiben, ER soll die Herrschaft, das Etablissement der Schriftgelehrten und Pharisäer, durchbrechen. Auf dieser Ebene, irdisch gesehen, ist Jesus total gescheitert. Und nun sagen heute auch die Wissenschaftler, wollte man die Glaubensgewissheit auf historische Daten festlegen, dann würde das Christentum das dritte Jahrtausend nicht überstehen. Würde man nicht sozusagen die inneren Wirklichkeiten, das, was Jesus uns bedeutet, das Unvergängliche in die Gegenwart bringen, dann könnte es uns im Leben auch nicht mehr tragen. Dann sind wir dauernd mit unserem Glauben dem Streit der Wissenschaftler ausgesetzt, die heute das reden und morgen was Anderes, dann muss man sich in einem Jahr ein paarmal umstellen.
So kommt jetzt ein Wort – da ist das Entscheidende drin, wenn Lukas schreibt:
„Jesus kehrte von der Kraft des Geistes erfüllt zurück.“
Das ist SEINE innere Erfüllung mit Gott, mit der Botschaft von der Liebe Gottes. Und so zeigt uns gerade Lukas Jesus als den Heiland der Armen, der in der Kraft der Liebe verbindet und offenbar macht, wie die Menschen befreit und erlöst werden können.
Wenn wir die frohe Botschaft als Lebenskraft erfahren wollen, als eine Kraft, die uns im Leben trägt, auch wenn äußerlich alles schiefgeht, die uns trägt in der Krankheit, durch die Krankheit, in der Armut und in unserer Schuld, in unserer Zerrissenheit, unserer Schwachheit, wenn das aufgeht, in unserem ganzen Bewusstsein aufgeht, dann trägt es unser Leben.
Nun kommen wir wieder auf das, worum wir uns ja dauernd bemühen:
Gott liebt dich immer, bedingungslos, unverlierbar, und die Anderen auch.
Und das ist die Fülle der Zeit, die Erfüllung unserer Sehnsucht, die auch, wie Augustinus sagt, als unerfüllte Sehnsucht in jedem Menschen verborgen ist. Das, wonach du dich sehnst, das gab es immer und das gibt es, und darum ist Gott Mensch geworden, damit das ganz menschlich sichtbar und erfahrbar wird.
Hängt euch doch nicht fest an dem Äußeren, das sind Vorstellungshilfen, damit das Innere aufgehen kann und euch tragen kann; das ist eben Mystik. Und das meint das viel zitierte Wort von Karl Rahner: „Der Christ der Zukunft wird Mystiker sein oder er wird nicht mehr sein.“
So versteht es auch Jesus, er zitiert Jesaja: „Er hat mich gesandt, um den Armen die Heilsbotschaft zu bringen.“ Und wenn Jesus sagt, das ist heute in Erfüllung gegangen, das mag vielleicht anmaßend klingen, aber es heißt, IHM ist bewusst, das, was ER zu bringen hat, ist kein menschliches Fabrikat, sondern das ist IHM gegeben, das ist die Kraft des Geistes.
„Der Geist des Herrn ruht auf IHM“, d.h., was ich euch sage, das ist mein Auftrag. Und so müsste eigentlich jedem Religionslehrer, Priester, Pfarrer bewusst sein, dass er nicht seine eigenen Aggressionen oder Probleme auszuschütten hat, wenn er von Gott redet, sondern dass er das, was der Geist durch Jesus geoffenbart hat, zu vermitteln hat so gut es geht, so dass ich ganz ehrlich sagen müsste, ich will ja nicht meine Weisheit vortragen, sondern das, wovon ich sagen kann, das trägt mein Leben, ich bin davon überzeugt. Dann kommt der Einzelne dazu, der aus seiner Lebenserfahrung heraus sagen kann, so wie Paulus einfach sagt: „Ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch überliefert habe“ – es ist nicht mein Gebilde, was ich weitergebe.
Dass das sichtbar wird, dass es nicht so schwierig ist, ein kleines Beispiel:
Es ist ein Beispiel, wie eine Legende tiefste Wahrheit enthält. Mir hat bei einer Tagung jemand erzählt von einer Weihnachtspredigt. Eine ganz kurze Geschichte, in der alles gesagt ist, was Jesus bringt. Das ist die Geschichte, die Geschichte vom Wolf, der das Jesuskind fressen wollte:
Es ist die Heilige Nacht auf den Fluren von Bethlehem: Die Herrlichkeit des Herrn strahlt auf sie, und der Wolf kommt wie jede Nacht zur Herde und holt sich ein Lämmlein, so als Nachtessen. Und dann ist der Wolf jetzt da auf den Fluren von Bethlehem, und dann fragt er sich, was ist denn da heute los? Was ist da für eine Aufregung, und er horcht und er horcht, bis er hört von einem Kind, von einem neugeborenen Kind. Er denkt, uih, ein neugeborenes Kind, das wäre mal was Anderes als immer die langweiligen Lämmer. Das Kind im Stall hole ich mir. Und dann schleicht er sich wieder zurück, und wie es finster und ruhig ist, schleicht er sich an den Stall heran und alle schnarchen und schlafen schon. Nur vom Kind hört er noch einen Krächzer, das Kind ist also noch wach. Er wartet noch ein bisschen, und dann geht er an die Krippe hin und denkt: Ah, jetzt hab‘ ich’s! Er streckt seinen Kopf und macht sein Maul auf, und dann –
streichelt das Kind seine Schnauze und krault ihn hinten am Kopf. Und auf einmal kann er das Kind nicht mehr fressen.
Und noch etwas geht in ihm vor, er merkt auf einmal wie sein Fell aufspringt, sein Wolfsfell zerreißt. Dann fällt ihm das ganze Fell ab, und dann steht da -der Mensch.
Der Pfarrer hat diese Geschichte als Weihnachtslegende gebracht, und die, die dabei war, hat mir erzählt, die Leute waren mäuschenstill. Kein Wort hat er sonst gesagt, weil jeder sieht in diesem Bild die tiefe Wahrheit, wie das Wolfshafte, die Aggressionen und das alles abfällt und wie durch diese Liebe, durch die bedingungslose Liebe, der Mensch zum Menschen wird.
So gibt es diese vielen, vielen Möglichkeiten zum Aufmerksam-Machen auf das Eigentliche, was sich in Jesus erfüllt hat, in der Geschichte, weil gerade das, was IHN erfüllt hat, der Geist Gottes durch IHN in unsere Welt unverlierbar über historische Vergänglichkeiten eingegangen ist.
GOTT GEHT MIT, WORAUF DU DICH VERLASSEN KANNST!