VORWORT
IDEAL IN DEN ZEITEN DES UKRAINE-KRIEGS, DES KLIMAWANDELS, DER CORONA-PANDEMIE – DIESE WORTE GEBEN KRAFT UND HOFFNUNG!
VERKÜNDIGUNG VON GOTTES WORT DURCH DIE PREDIGTEN DES HOFFNUNG GEBENDEN PFARRERS ELMAR GRUBER
Predigten zu den Sonn- und Feiertagen nach Lesejahren A / B / C – seit dem 1. Advent 2024 (01. Dezember 2024) ist Lesejahr C.
Immer die aktuelle Predigt!
Inspiration für alle Seelsorgerinnen und Seelsorger bei der Erstellung ihrer Predigten und alle Gläubigen und Interessenten!
Auch als Predigt-Vorlagen!
Herr Pfarrer Elmar Gruber hat seine Predigten immer vollkommen frei gehalten, also ohne jegliche schriftliche Unterlagen.
Die Predigten wurden von einer gläubigen Frau während der entsprechenden Gottesdienste mit Einverständnis von Pfarrer Elmar Gruber privat auf Cassette aufgenommen und danach von ihr aufgeschrieben. Sie dachte sich, jedes Wort von Elmar Gruber ist wichtig – das gehört für die Nachwelt erhalten.
Danke, Helga! Ohne Dich hätten wir diese Predigt-Schätze nicht!
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OSTERNACHT C – 20. April 2025
Predigt von Pfarrer Elmar Gruber am 26. März 1989
1. Lesung: Ez 36, 16-17a, 18-28 „… 22 „Darum sag zum Haus Israel: So spricht Gott, der Herr: Nicht Euretwegen handle ich, Haus Israel, sondern um meines heiligen Namens willen, den Ihr bei den Völkern entweiht habt …“
2. Lesung: Röm 6, 3-11
Evangelium: Lk 24, 1-12
Predigt:
Liebe Schwestern und Brüder!
Es ergreift einem immer wieder aufs Neue, wenn wir das Wort des Propheten hören, in dem Gott spricht: „Nicht Euretwegen rette ich Euch, meinetwegen rette ich Euch, weil ich es meinem Namen schuldig bin, den Ihr entweiht habt.“ Gott ist es ja sich selber schuldig, ER wäre ja nicht Gott, würde ER uns nicht retten, würde ER uns in der Verzweiflung, im Tod lassen. Und darin gründet unsere unerschütterliche Hoffnung.
Und wenn wir in dieser Stunde denken, was es denn eigentlich ist, was uns letztlich hier in unserer Kirche zur Osternachtsfeier zusammenführt, dann ist das unser Glaube. Aber am tiefsten ist es ER, der uns Jahr für Jahr wieder versammelt, damit wir IHN, den ewig Lebenden, den der Tod nicht töten kann, wieder neu spüren. ER ist es, den wir spüren, immer wenn wir Nähe erfahren, ganz gleich, wo und wie. ER ist die einende Kraft, die uns immer wieder verbindet, ER ist es auch, der alles in unserem Leben vereint, was auseinander ist, wo wir hin und her geworfen sind.
Wir sind daran, die großen Symbole der Einheit der Gegensätze zu feiern, damit uns das wieder innewird, das, was alles zum Leben gehört: Das FEUER, das die Vernichtung vereint in der großen Verwandlung zum Licht, zur Kraft, zur Wärme; das Licht in der Finsternis, das den Gegensatz aufhebt. Und wenn wir jetzt dann das WASSER als Symbol des Lebens feiern, das den Tod mit dem Leben verbindet, so feiern wir das ewige Leben, das alle Gegensätze überwindet und bei dem wir innewerden, dass auch der Tod, unser körperlicher Tod, zum Leben gehört.
Freilich können wir den Tod nicht umgehen, wir müssen durch den Tod hindurch. Wir müssen den Tod, das Vergängliche, das Sterbliche, loslassen, damit wir dem Auferstandenen begegnen können. Jesus sagt uns im Johannes-Evangelium, dass es die Möglichkeit gibt, hier schon vom Tod ins Leben hinüberzugehen: „Wer mein Wort hört und wer an den glaubt, der mich gesandt hat, der ist schon vom Tod zum Leben hinübergegangen.“ Aber das bedeutet kein weltfremdes Dasein, sondern im Gegenteil: Aus der Erfahrung des ewigen Lebens stürzen wir uns voll Freude in diese Welt der Sinnenhaftigkeit, und wir freuen uns an allem, was diese Welt uns schenkt, denn es ist ja alles Zeichen ewigen Lebens. Und wir brauchen den Tod nicht mehr fürchten, wir brauchen den Tod nicht mehr verachten.
Wir dürfen uns in diesen Tod, den es in dieser Welt gibt, getrost hineinbegeben, denn diese Nacht offenbart uns, dass auch der Tod ein Lebenszeichen ist.
Ostersonntag C – 20. April 2025
Predigt von Pfarrer Elmar Gruber am 11. April 1993
1. Lesung Apg 10, 34a. 37-43: „Wir haben mit IHM nach SEINER Auferstehung gegessen und getrunken.“
2. Lesung Kol 3, 1-4: „Strebt nach dem, was im Himmel ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt.“
Evangelium Joh 20, 1-9: „Er sah und glaubte.“
Ich begrüße Sie herzlich zur Feier des hohen Osterfestes! Wir feiern Ostern, damit wir der Osterfreude innewerden. Im Auferstandenen hat die Liebe gesiegt über den Tod und über alle Bosheit der Menschen.
Wenn wir von der Osterfreude nicht ergriffen werden, so ist das auch immer wieder unsere Schuld. Wir bitten den Herrn um Sein Erbarmen, dass ER alles von uns nimmt, was die Freude hindert.
Predigt
Liebe Schwestern und Brüder!
Wir feiern das Fest der Erlösung. Wir feiern, damit wir ganz praktisch hier und heute der Erlösung wieder neu und tiefer innewerden. „Jesus hat uns erlöst von der Sünde und vom Tod.“ So ist es theologisch ausgedrückt und praktisch heißt das: ER hat uns erlöst von aller Angst. Wenn die Erlösung uns erfasst, dann könnte sie uns befreien, ganz praktisch, auch von unseren persönlichen Ängsten, denn die Angst ist die Ursache aller Übel.
Was haben wir doch alles für Ängste! Ängste vor dem Leben! Ängste vor dem Sterben und vor dem Tod! Die Angst, die sich epidemisch ausbreitet und gerade viele Jugendliche erfasst, ist die Angst vor der Zukunft – politisch, ökologisch, gesellschaftlich. Wenn man denkt, wie Menschen oft gepeinigt werden von der Angst voreinander. Und dann ist schließlich noch die Angst vor uns selbst. Wenn man viel nachdenkt, kann man erkennen, dass aus der Angst alle Bosheit und alle Grausamkeit des Menschen entspringt, eigentlich alles, worunter wir leiden, und all das Entsetzliche, was wir in unserer Welt miterleben müssen. Wenn man ein Übel beseitigen will, dann fragt man zunächst nach den Ursachen, nach der Diagnose, und die kann man hier genau stellen: Das Paradies, das Glück, der Himmel des Menschen, besteht darin, dass er keine Angst hat, dass er voll und ganz vertraut und vertrauen kann.
Das Vertrauen, das Urvertrauen ist verloren gegangen durch den Zweifel. Das ist die Sünde – der Mensch hat aufgehört, auf Gott zu vertrauen. Der Mensch ist ein Wesen, das vertrauen muss. Setzt der Mensch sein Vertrauen nicht auf Gott, vertraut er nur sich selbst, macht er alles selbst, braucht er Gott nicht mehr. Er vertraut auf den Konsum, auf die Lust, auf alles, was das Leben bringt. Und er lebt dauernd in diesem Vertrauen auf sich selbst und auf die Welt – und scheitert. Daher die Angst! Wie kommt er aus der Angst heraus? Die Psychologie kann das Angstphänomen wunderbar beschreiben. Aber die Kraft zur Befreiung von der Angst, die Kraft und den Mut, wieder neu total zu vertrauen, kann sie nicht geben. Und da hat Gott eingegriffen. Im Alten Bund geht Gott auf Abraham zu und sagt: „Brich auf, gib Du mir Deine Zukunft.“ Abraham vertraut und wird gesegnet. Und dann der Bogen zur Gegenwart, zum Neuen Testament: Gott wird Mensch, um den Menschen anzugehen, um ihn anzusprechen, um ihn wieder zurückzuholen ins Vertrauen, ihn zu befreien von der Angst. Aber die Menschen töten IHN. Doch die Kraft der Liebe Gottes ist stärker, Jesus besteht den Tod, ER besteht alle Bosheit und alle Angst. Aus der die Bosheit kommt alle Angst der Menschen. ER erscheint ihnen als Sieger, ER tritt als Auferstandener in ihr Leben: „Fürchtet euch nicht, habt keine Angst, ich bin bei Euch! Seht, ich habe die Welt überwunden!“
Die Botschaft höre ich wohl, aber wie kommt diese Begegnung zustande, dass ich tatsächlich, wenigstens prinzipiell, das heißt anfangshaft, keimhaft, mit meinen Urängsten fertig werde und wieder zur Freude komme? Das Schlimmste an der Angst ist, dass sie die Freude tötet. Die Freude braucht die Gegenwart, und wer immer an morgen denken muss, der kann im Heute nicht mehr froh werden. Was muss ich tun? Ich muss auch meinen Beitrag leisten. Da ist das Erste: Ich muss mich mit diesem Jesus befassen. Ich muss hinhören, damit mich SEIN Wort erreichen kann. Dann das Nächste: Ich muss einmal zugestehen, dass ich das Scheitern an den irdischen Hoffnungen, das von der Welt kommt, dass ich das Scheitern durchmachen muss. Auferstehung gibt es nicht am Tod vorbei, sondern nur durch den Tod hindurch. Ich brauche die Enttäuschung, um zur Erfahrung zu kommen, woher die Freude nicht kommen kann. Das ist an sich der Sinn des Karsamstags, das Harren, die Trauerarbeit der enttäuschten irdischen Hoffnungen. Dann muss ich mich entschieden abwenden von den Hoffnungen auf die vergänglichen Dinge (in der Osternacht, im Taufversprechen, ist das heute ja geschehen), und ich muss mich ganz auf IHN einstellen, auf meinen Schöpfer. Und dann kann ER in mein Leben treten, und dazu haben wir die vielen österlichen Zeichen.
Wir haben die Zeichen der Natur. Immer wieder blühen die Blumen, ein Sterben und ein Werden. Wenn man die Natur betrachtet, könnte es einem schon einleuchten, dass sogar der Tod ein Lebenszeichen ist, dass ewiges Leben im Werden und Vergehen wirksam ist. Dann haben wir die liturgischen Zeichen, und schließlich das Zeichen aller Zeichen, das Sakrament, wo im Brot und Wein dieser Jesus als der Auferstandene in unserem Leben, ja in uns selbst, in Erscheinung treten will und aufgehen will. Wenn das geschieht mit unserem Beitrag, dann ist es die Tat Gottes hier und heute in unserem Leben.
Ein österliches Symbol ist auch das Franziskus-Kreuz. Es ist so bekannt, dass Sie es sicher alle kennen. Ein Kreuz, das zu Franziskus gesprochen hat und zu vielen Menschen gesprochen hat und spricht, ein ansprechendes Kreuz. Was zeigt es uns? Einen lebendigen Toten – das, was eben nur ein Künstler im Symbol ausdrücken kann und was die bestimmenden Wirklichkeiten unseres Lebens sind, dass ER, der gestorben ist, der sich uns hingegeben hat als der, der alles auf sich genommen hat, als Lebendiger in unser Leben tritt.
Das ist mein Osterwunsch für Sie und für mich, dass wenigstens ein bisschen spürbar der lebendige Tote in unser Leben tritt und dass wir SEIN Wort vernehmen: „Hab keine Angst, ich bin es, ich bin immer bei Dir, alle Tage bis ans Ende.“
Ostermontag C – 21. April 2025
Predigt von Pfarrer Elmar Gruber am 20. 4. 1992
1. Lesung: Apg 2,14.22-33 „Gott hat Jesus auferweckt, dafür sind wir alle Zeugen.“
2. Lesung: 1 Kor 15, 1-8. 11 „Das Evangelium, das ich Euch verkündet habe, ist der Grund, auf dem Ihr steht.“
Evangelium: Lk 24,13-35 „Sie erkannten IHN, als ER das Brot brach.“
Ich begrüße Sie zur Feier des 2. Ostertages, des Emmaus-Tages!
Wir bitten den Herrn um SEIN Erbarmen, denn das brauchen wir, damit die Freude in uns immer wieder aufsteht und aufersteht, und dass wir IHN am Brotbrechen immer wieder erkennen und dass das der Ort in unserem Leben ist, von dem die Freude ausgeht.
Wir bitten den Herrn im Kyrie.
Predigt:
Liebe Schwestern und Brüder!
Was wäre OSTERN ohne die Emmaus Geschichte. Immer wieder finden wir darin alles, was wir eigentlich zum Leben brauchen. Ich möchte sagen, das ist so das christliche Problemlösungsmodell, das alle Psychologie übertrifft. Da finden wir alle Momente. Wenn ich heute eines herausgreifen möchte, dann in dem Wort WEG GEHEN und weggehen, Man kann sich das so auf der Zunge zergehen lassen. Ich bin darauf gekommen, denn ich habe heute das 35. Mal über Emmaus meditiert. Unser Leben hängt davon ab, ob wir weggehen oder unseren Weg gehen können. Dabei ist es immer wieder wichtig, dass wir eben weggehen können, dass wir aufbrechen, loslassen, unterwegs sind und jeder Schritt ist eigentlich schon ein Weggehen, ein Loslassen und wieder auf ein Neues-Sich-Einlassen. Wenn man in seinen Problemen bleibt, wenn man in Jerusalem bleibt, wo alles Schreckliche geschehen ist, dann kommt man nie weg davon. Paul Watzlawick sagt einmal diesen bemerkenswerten Satz: „Die Lösung von Problemen ist nicht deren Verewigung.“ Das heißt, wenn man immer und immer wieder sagt, wer schuld ist, dann kommt man nicht aus den Problemen heraus, sondern immer tiefer hinein. Dann wird das Leben unerträglich.
Weggehen – aufbrechen – loslassen, und dann ereignet sich die Lösung. Die Entscheidungen im Leben kommen immer unterwegs. Auch in der ganzen Bibel sind es immer Weg-Geschichten,Unterwegs-Geschichten. Denken Sie an Abraham: „Brich auf, geh vor mir her!“ Und er „werde ganz“, wie es Martin Buber übersetzt. Die Emmaus-Geschichte, das ist jetzt sozusagen der österliche Weg, wo sich alles erfüllt. Unterwegs geht ihnen alles auf. Und dann kehren sie wieder neu zum Alten zurück.
Menschen, die in einer Not sind (und ich habe in dieser Woche mit sehr viel Menschen in Not zu tun gehabt), die verschließen sich immer so. Auch Menschen im geistlichen Leben, meinen, dass sie von der Gemeinschaft nicht angenommen, am Ende, sind, sie wissen nicht mehr weiter, sie können nicht mehr leben.
Aufbrechen! Einmal das alles loslassen! Aber erst muss doch alles gelöst sein! Nein, nichts muss gelöst sein! Ich kann meine Probleme nicht lösen. Aber ich kann aufbrechen. Und da kann mir vielleicht ein Mensch helfen, der mich herausholt, der sagt: „Jetzt komm, jetzt geh einmal! Heute ist so schönes Wetter, jetzt machen wir einen kleinen Ausflug!“ Ganz praktisch! Dann kann Neues hereinkommen, oder, wie es Martin Buber sagt: „Die Anderheit“, dass etwas Anderes hereinkommt, ja, und so, dass ER hereinkommt in mein Leben, immer wieder neu.
Wir wollen immer mit einem Schlag alle unsere Probleme gelöst haben. Aber es heißt, tagtäglich neu aufzubrechen. Und was tun wir jeden Sonntag? Aufbrechen, damit wir IHN wieder neu am Brotbrechen erkennen und damit ER wieder in unserem Leben in Erscheinung tritt. Ich hatte auch viele Gespräche mit Leuten, die gesagt hatten, dass sie nicht mehr in die Kirche gingen, dass sie genug hätten. Dann sagte ich, dass das ihr Problem wäre. „Ja, warum soll ich in die Kirche gehen?“ Darauf habe ich geantwortet: „Damit ER in Ihr Leben beim Brotbrechen in Erscheinung tritt.“ „Ja, und was ist, wenn ich nicht gehe?“ Darauf kam meine Antwort: „Ja dann halt nicht! Aber beklagen Sie sich nicht, wenn ER nicht in Ihrem Leben in Erscheinung tritt, weil Sie die Orte, die ER uns selbst gegeben hat, nicht aufsuchen.“
Wenn man sich an den Problemen, an Verpackungsproblemen der Kirche, so wundreibt, dass man das Eigentliche nicht mehr sieht, muss man Einiges dazu lernen. Mögen wir das heute, wo die Sonne dazu einlädt, das praktisch in unserem Leben verwirklichen, die Bereitschaft loszulassen, damit wir IHM begegnen können und wieder neu ans Alte herangehen.
Wir brauchen, um leben zu können, dreierlei: Einmal Selber-Gehen, Weggehen, Aufbrechen. Dann brauchen wir den Dialog mit der Gemeinschaft – die Jünger, die sich miteinander unterhalten, alles zur Sprache bringen. Aber das bringt es noch nicht, das gehört nur dazu. Bringen tut es dann ER, der in Erscheinung tritt in unserem Leben. Letztlich muss ich allein und selbst leben, und das kann ich nicht. ER kann es aber, wenn ER in mein Leben tritt. „Mit Gott überspringe ich Mauern!“ „Gott ist meine Stärke.“ Die Schrift ist ja voll von Zitaten dieser Art, und darum: Emmaus-Tag wieder weggehen, aufbrechen, auferstehen.
- Lesung: Nehemia 8, 2-4.5-6.8-10
- Lesung: 1 Korinther 12, 12-30
Evangelium: Lukas 1, 1-4;4, 14-21
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Ich begrüße Sie herzlich zum 3. Sonntag im Jahreskreis! In der Lesung weist uns der Apostel Paulus darauf hin, dass wir alle E I N E R sind, der Leib Christi, jeder mit seinen Fähigkeiten, mit seinen Gaben, die Aufgaben sind.
Im Evangelium zeigt uns Lukas sein Anliegen, warum er das Evangelium geschrieben hat und auch, was die Sendung Jesu eigentlich ist.
Predigt:
Liebe Schwestern und Brüder!
Das Evangelium heute greift eine schwierige Situation auf, die wir gerade in unserer Zeit wieder vorfinden:
Woher bekommen wir die Gewissheiten unseres Glaubens? Wo finden wir sie? Wir werden feststellen, dass wir, die wir noch Vorstellungen haben wie vor fünfzig Jahren, umdenken müssen, um die eigentliche Botschaft, das Eigentliche, was Jesus gebracht hat, nicht zu verlieren.
Es geht hier um die historische Zuverlässigkeit der Berichte über das Leben Jesu. Da sagt uns die heutige Wissenschaft, dass wir über die praktisch historische Zuverlässigkeit im Neuen Testament nichts finden. Wie ich im Studium war, da war die große Problematik, ob es Jesus überhaupt gegeben hat, ob wir nicht nur den Jesus des Glaubens, den literarischen Jesus haben; das ist überwunden. An der historischen Wirklichkeit Jesu zweifelt heute niemand.
Aber, wer war dieser Jesus?
Historisch gesehen war ER wohl mehr als nur dieser Ausschnitt, den uns die Evangelien zeigen.
Die Sprachforscher, die aramäisch, jüdisch, hebräisch beherrschen, die sagen, das Thomasevangelium ist eines der ältesten Schriften, es zeigt uns Jesus als Weisheitslehrer, der in Sequenzen, in Versen gesprochen hat, die man auswendig lernen kann, damit SEINE Jünger SEINE Lehre weitergeben können.
Als ich vor ca. dreißig Jahren den Auftrag bekam, diese neuen biblischen Ergebnisse der Lehrerschaft, die Religionsunterricht geben, zu vermitteln, war das äußerst schwierig.
„Ja, wenn das alles nicht mehr stimmt, wenn das Jesus nicht wortwörtlich gesagt hat, ja dann geben wir keinen Religionsunterricht, keinen Bibelunterricht mehr. “
In meiner Kinderzeit hat man noch gelernt, dass den Jonas der Walfisch gefressen und dann wieder ausgespuckt hat. Das ist mir zum Verhängnis geworden, weil ich das so nicht glauben konnte, dass Jonas, der im Bauch des Walfisches war, das Beten angefangen hat. Doch mir hat der Religionslehrer – ich habe ihm längst verziehen – gesagt: „Das musst Du glauben, das ist Wort Gottes. Wenn Du das nicht glaubst, dass der Walfisch den Jonas gefressen hat und dass der im Bauch gebetet hat und dann nach drei Tagen wieder ans Land kam, dann hast Du eine Todsünde.“
Ich habe es immer wieder gebeichtet, weil ich den Jonas nicht glauben konnte. Dann habe ich im Lexikon auch noch gelesen, dass der Walfisch so einen engen Schlund hat wie ein Mensch, dass da kleine Krebse durchgehen können, aber nie ein unzerkleinerter Prophet.
Und der Beichtvater hat gesagt: „Wenn Du das nicht glaubst, kann ich Dir nicht mehr die Absolution erteilen“ (in welchen Zwängen muss der gewesen sein). Das war für mich Verdammung; ich habe den Jonas nicht glauben können.
Dass das eine Lehrgeschichte ist, wo man sagen muss: Stell dir das mal vor, da musste ein Prophet lernen, dass Gott die Leviten auch mag, dass ER jeden mag, der sich bekehrt und liebend wird, bildlich gesprochen, dass er einen Prozess durchmacht, verschlungen wird, dann in die Finsternis, ins Unheil kommt, bis er dann geläutert durch diese Prozesse kapiert, dass Gott die Liebe ist – eine wunderbare Geschichte.
Ein Kurskollege von mir hat seine Probekatechese gehalten über den Jonas und hat in diesem Sinn gesprochen, und das war vor 40 Jahren. Dann haben die Professoren einen Rat abgehalten, ob man ihn als Ungläubigen entlassen müsste. Aber er ist heute noch ein sehr aufgeschlossener Priester und Pfarrer.
Und so ist es heute das Eigentliche, das Tiefe, das Innere, das Unvergängliche, das uns in diesen Sinngestalten nahegebracht wird. Wenn uns das aufgeht, dann ist es nicht mehr wichtig, ob es genauso historisch geschehen ist wie es da steht.
Und jetzt kommt Einer und sagt, bei Lukas steht doch genau: „Ich habe mich entschlossen, allem von Anfang an nachzuforschen, um es der Reihe nach aufzuschreiben, und so kannst du dich auf mich verlassen.“ Es waren Überlieferungsstücke, Erzählungen, Erinnerungen, und jeder, der ein Buch schreibt, der braucht eine Gliederung, wie er alles zusammenbaut, damit der Leser möglichst gut auf das Eigentliche kommt.
Und was aber Lukas zeigen möchte, geschieht im Innern des Sprachlichen, wo der Prophet sagt: „Er hat mich gesandt, um den Armen die Heilsbotschaft zu bringen, um den Gefangenen (das sind die Eingesperrten, die mit sich und anderen innerlich und äußerlich Eingesperrten) die Freiheit zu bringen, den Blinden das Augenlicht (der Durchblicke eröffnet, der Zusammenhänge vermittelt, der möglich macht, alles einzuordnen, der es möglich macht, mit seinem Leben mit den vielen Rätseln zu leben und umzugehen und einfach, der die Zerschlagenen, die Kaputten wieder richtet, repariert).“ Das will er zeigen.
Man hat auch zur Zeit Jesu gedacht, der Messias müsste politisch sein, wie David, so wie David es für kurze Zeit fertiggebracht hat, ein Friedensreich aufzubauen. Jesus soll die Römer vertreiben, ER soll die Herrschaft, das Etablissement der Schriftgelehrten und Pharisäer, durchbrechen. Auf dieser Ebene, irdisch gesehen, ist Jesus total gescheitert. Und nun sagen heute auch die Wissenschaftler, wollte man die Glaubensgewissheit auf historische Daten festlegen, dann würde das Christentum das dritte Jahrtausend nicht überstehen. Würde man nicht sozusagen die inneren Wirklichkeiten, das, was Jesus uns bedeutet, das Unvergängliche in die Gegenwart bringen, dann könnte es uns im Leben auch nicht mehr tragen. Dann sind wir dauernd mit unserem Glauben dem Streit der Wissenschaftler ausgesetzt, die heute das reden und morgen was Anderes, dann muss man sich in einem Jahr ein paarmal umstellen.
So kommt jetzt ein Wort – da ist das Entscheidende drin, wenn Lukas schreibt:
„Jesus kehrte von der Kraft des Geistes erfüllt zurück.“
Das ist SEINE innere Erfüllung mit Gott, mit der Botschaft von der Liebe Gottes. Und so zeigt uns gerade Lukas Jesus als den Heiland der Armen, der in der Kraft der Liebe verbindet und offenbar macht, wie die Menschen befreit und erlöst werden können.
Wenn wir die frohe Botschaft als Lebenskraft erfahren wollen, als eine Kraft, die uns im Leben trägt, auch wenn äußerlich alles schiefgeht, die uns trägt in der Krankheit, durch die Krankheit, in der Armut und in unserer Schuld, in unserer Zerrissenheit, unserer Schwachheit, wenn das aufgeht, in unserem ganzen Bewusstsein aufgeht, dann trägt es unser Leben.
Nun kommen wir wieder auf das, worum wir uns ja dauernd bemühen:
Gott liebt dich immer, bedingungslos, unverlierbar, und die Anderen auch.
Und das ist die Fülle der Zeit, die Erfüllung unserer Sehnsucht, die auch, wie Augustinus sagt, als unerfüllte Sehnsucht in jedem Menschen verborgen ist. Das, wonach du dich sehnst, das gab es immer und das gibt es, und darum ist Gott Mensch geworden, damit das ganz menschlich sichtbar und erfahrbar wird.
Hängt euch doch nicht fest an dem Äußeren, das sind Vorstellungshilfen, damit das Innere aufgehen kann und euch tragen kann; das ist eben Mystik. Und das meint das viel zitierte Wort von Karl Rahner: „Der Christ der Zukunft wird Mystiker sein oder er wird nicht mehr sein.“
So versteht es auch Jesus, er zitiert Jesaja: „Er hat mich gesandt, um den Armen die Heilsbotschaft zu bringen.“ Und wenn Jesus sagt, das ist heute in Erfüllung gegangen, das mag vielleicht anmaßend klingen, aber es heißt, IHM ist bewusst, das, was ER zu bringen hat, ist kein menschliches Fabrikat, sondern das ist IHM gegeben, das ist die Kraft des Geistes.
„Der Geist des Herrn ruht auf IHM“, d.h., was ich euch sage, das ist mein Auftrag. Und so müsste eigentlich jedem Religionslehrer, Priester, Pfarrer bewusst sein, dass er nicht seine eigenen Aggressionen oder Probleme auszuschütten hat, wenn er von Gott redet, sondern dass er das, was der Geist durch Jesus geoffenbart hat, zu vermitteln hat so gut es geht, so dass ich ganz ehrlich sagen müsste, ich will ja nicht meine Weisheit vortragen, sondern das, wovon ich sagen kann, das trägt mein Leben, ich bin davon überzeugt. Dann kommt der Einzelne dazu, der aus seiner Lebenserfahrung heraus sagen kann, so wie Paulus einfach sagt: „Ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch überliefert habe“ – es ist nicht mein Gebilde, was ich weitergebe.
Dass das sichtbar wird, dass es nicht so schwierig ist, ein kleines Beispiel:
Es ist ein Beispiel, wie eine Legende tiefste Wahrheit enthält. Mir hat bei einer Tagung jemand erzählt von einer Weihnachtspredigt. Eine ganz kurze Geschichte, in der alles gesagt ist, was Jesus bringt. Das ist die Geschichte, die Geschichte vom Wolf, der das Jesuskind fressen wollte:
Es ist die Heilige Nacht auf den Fluren von Bethlehem: Die Herrlichkeit des Herrn strahlt auf sie, und der Wolf kommt wie jede Nacht zur Herde und holt sich ein Lämmlein, so als Nachtessen. Und dann ist der Wolf jetzt da auf den Fluren von Bethlehem, und dann fragt er sich, was ist denn da heute los? Was ist da für eine Aufregung, und er horcht und er horcht, bis er hört von einem Kind, von einem neugeborenen Kind. Er denkt, uih, ein neugeborenes Kind, das wäre mal was Anderes als immer die langweiligen Lämmer. Das Kind im Stall hole ich mir. Und dann schleicht er sich wieder zurück, und wie es finster und ruhig ist, schleicht er sich an den Stall heran und alle schnarchen und schlafen schon. Nur vom Kind hört er noch einen Krächzer, das Kind ist also noch wach. Er wartet noch ein bisschen, und dann geht er an die Krippe hin und denkt: Ah, jetzt hab‘ ich’s! Er streckt seinen Kopf und macht sein Maul auf, und dann –
streichelt das Kind seine Schnauze und krault ihn hinten am Kopf. Und auf einmal kann er das Kind nicht mehr fressen.
Und noch etwas geht in ihm vor, er merkt auf einmal wie sein Fell aufspringt, sein Wolfsfell zerreißt. Dann fällt ihm das ganze Fell ab, und dann steht da -der Mensch.
Der Pfarrer hat diese Geschichte als Weihnachtslegende gebracht, und die, die dabei war, hat mir erzählt, die Leute waren mäuschenstill. Kein Wort hat er sonst gesagt, weil jeder sieht in diesem Bild die tiefe Wahrheit, wie das Wolfshafte, die Aggressionen und das alles abfällt und wie durch diese Liebe, durch die bedingungslose Liebe, der Mensch zum Menschen wird.
So gibt es diese vielen, vielen Möglichkeiten zum Aufmerksam-Machen auf das Eigentliche, was sich in Jesus erfüllt hat, in der Geschichte, weil gerade das, was IHN erfüllt hat, der Geist Gottes durch IHN in unsere Welt unverlierbar über historische Vergänglichkeiten eingegangen ist.
GOTT GEHT MIT, WORAUF DU DICH VERLASSEN KANNST!